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Carl Josefsson aber nicht einzige — Aufgabe des Staats sei „die Idee des Rechts in der sichtbaren Welt herrschend zu machen."'^^ Daf5 die Rechtserzeugung laut Savigny indessen nicht auf Volk und Staat begrenzt ist, wird bei seiner Behandlung des Internationalen Privatrechts deutlich. Die „Gleichheit in der Beurtheilung der Einheimischen und Fremden ... [wiirde] ... durch den gemeinsamen Vortheil der Völker und der Einzelnen“ geboten. Diese Gleichheit miisse „in vollständiger Ausbildung dahin fiihren, dab nicht blob in jedem einzelnen Staate der Fremde gegen den Einheimischen nicht zurtickgesetzt [wtirde] (worin die gleiche Behandlung der Personen [bestiinde]), sondern dab auch die Rechtsverhältnisse, in Fällen einer Collision der Gesetze, dieselbe Verurtheilung zu erwarten [hätten], ohne Unterschied, ob in diesem oder jenem Staate das Urtheil gesprochen [wtirde].""^^ Savigny ist Begrtinder eines Grundsatzes „einer völkerrechtlichen Gemeinschaft der miteinander verkehrenden Nationen" und bewertet zwischenstaatliche Verträge zum Kollisonsrecht als „Ausdruck“ einer „allgemeinen Rechtsgemeinschaft" und „mithin als Versuche diese Rechtsgemeinschaft stets vollständiger zur Anerkennung zu bringen“.^° Die Hervorhebung des Volksbewubtseins als Grundlage des Rechts war keine Neuheit, sondern kniipfte an eine lange Tradition an.^i Mit der Savignyschen Argumentation wird aber dieser Grundlage neue Bedeutung zugemessen. Die einschlägige Anwendung der Begriffe des Volksbewubtseins und des Volksrechts sollen, denke ich, nicht in ersten Linie als Konstruktionen einer neuen Art von Gewohnheitsrecht verstanden werden.52 Sie beziehen sich vielmehr auf den primären Entstehungsgrund des Rechts. Genauer gesehen handelt es sich nicht umein tatsächlich vorhandenes gemeinsames Bewubtsein.^^ Ein solches hätte man nur „in der Jugendheit der Völker" beobachten können; durch die vorgeschrittenen sozialen Verhältnisse sei es durch die „Verschiedenheit der individuellen Ausbildung verdeckt" worden.^^ Die Behauptung eines gemeinsamen rechtlichen Volksbewubtseins hat in meiner Wahrnehmung eher den Charakter einer Fiktion. Man kann die Argumentationsweise als einen Teil eines Erklärungsmodells der Rechtsbildung verstehen, nach wel76 A.a.O., S. 25. Savigny, SystemBd. 8 (Fn. 44), S. 27. ■*9 A.a.O. A.a.O., S. 31. Hierzu Riickert, Savignys EinfluB auf die Jurisprudenz in Deutschland nach 1900 (Fn. 24), S. 66 f. Hierzu Schroder, Jan, Zur Vorgeschichte der Volksgeistlehre, ZRGGA 109(1992), S. 1 ff (1). Vgl. Schroder, a.a.O., S. 47. Vgl. zumVolksgeistbegriff Behrends, Okko, Das Bundnis zwischen Gesetz und Dogmatik und die Frage der dogmatischen Rangstufen, in: ders./Henckel, Wolfram (Hg.), Gesetzgebung und Dogmatik, Göttingen, 1989, S. 9 ff (20, 29); Riickert (Fn. 50), S. 63 f; ders.. Das „gesunde Volksempfinden" — eine Erbschaft Savignys?, ZRGGA 103 (1986), S. 199 ff (in passim). Savigny, System (Fn. 36), S. 17.

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