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Der „Individualismus“ gegen das Individuum Lichtblickc weniger vorkonzepierter Gedanken öffnen, wenn man sich einer andcren Doktrin zuwendet, der der geschichtliche Verdienst zusteht als erste den privilegierten Bezug auf die Staatlichkeit des Rechtes in eine, wenn auch alles andere als individualistische Krise gebracht zu haben, jene der sogennanten Pluralität der juristischen Ordnungen. Diese ,beginnt‘ sich von der „willkiirlichen Annahme, dab nur die Staaten Subjekte des Internatic)nalen Rechts seien“ zu trennen und behauptet, das „nicht nur eine Normfehlt, die generell festlegt, welche Staaten Subjekte des Völkerrechts seien, sondern, nach unserer Meinung, auch ein spczifischcr Akt, der fiir jeden einzelnen von diesen die Erwerbung der Persönlichkeit determiniert“ (S. Romano). Wenn Romano also auch noch annimmt, dab „in erstcr Linie“ die Staaten Subjekte des Internationalen Rechts sind, öffnet die Definition, die man aus diesem Lehrsatz ziehen kann, im Konzept einige Möglichkeiten die, wie uns scheint, zu einemgroben Teil noch uncrforscht geblieben sind: „Subjekte des Internationalen Rechts und darum die Adressaten seiner Normen sind die Institutionen, die in der internationalen Gemeinschaft als Inhaber von Macht, Rechten und Pflichten zugelassen sind, welche aus den Regelungen eben jener Gemeinschaft herstammen ... Jede Person [im Sinne der juristischen Persönlichkeit] wird von einer hestimmten Ordnung und nur fiir sie konstituiert; daraus folgt, dab eine Person, die auf einer von der Internationalen Ordnung verschiedenen Ordnung basiert, auch wenn sie zwangsweise von der Internationalen Ordnung gefordert wird, selbst nicht international ist“. In einer radikalen (und zumTeil nur postulatorischen) Version kann die pluralistische Theorie der rechtlichen Ordnungen recht schnell zu der Behauptung fiihren, dab imaktuellen Völkerrecht uberhaupt kein „unitarischer Typ des Rechtsvermögens“ existiert und daB darum die Heterogenität der Subjekte technisch nur unter dem Profil der immer sui generis bleibenden reinen Aufzeichnung von Phcänomenen verstanden werden kann: alle denkbaren Typen von Institutionen wären also bereits (mit anderen Worten: ohne zusätzliche Mittler) Subjekte (also ,souveräne‘ Staaten, ,halbsouveräne ‘Staaten, der Heilige Stuhl, jede Art von internationalen Organisationen, treuhandverwaltete Nationen, Nomadenvölker, ethnische Minderheiten, bestimmte soziale Gruppen, Aufständige und, schlieblich, Individuen). Obwohl diese Position (wie z.B. Dahm) den Verdienst hat in gewisser Hinsicht auf einen Ausweg hinzuweisen (ethnische Minderheiten, Nomadenvölker, Aufständische, Individuen), den der traditionelle Ansatz unter Befolgung des staatalistischen Dogmas der Souveränität (tiefergehender als der reine Staat-als-Macht) mehr ,verdrängt‘ als reflektiert, kann man sie bisher aber selbst innerhalb des Rahmen der Theorie vomPluralismus der Ordnungen leider nicht als dominant ansehen. In der realistischen Version S. Romanos - ein von der ,organisch-holistischen‘ Theorie der Rechtsordnung mit einer Hypothek belegter Realismus, der seine unvollstcändige Ablösung von der Position des Statalismus noch erkennen läbt, da er ihn zwar polemisch bekiimpft. 17

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