RS 21

Dkr „Individualismus“ gkgen das Individuum örterung par excellence, die Autobiographic nämlich, wird als Verteidigungsund Anklagerede produziert und dargestellt, mit Zeugenaussagen, Erklärungen, Eingriffen des Anwaltes der Verteidiguiig, Appellen, Untersuchungen, die sich alle umeinen Ort herumbewegen, an dem das Subjekt sich imtiefsten Innern als Individuumkonstituiert, dal^ von seinem Schuldgefiihl, welches auch ein Wunsch nach Selbstverteidgung ist, dazu gedrängt wird zu ,sprechen', die ,Wahrheit‘ zu sagen (oder zu schreiben). Was sich in dieser imwahrsten Sinne des Wortes nicht enden wollenden Inszenierung ändert, ist ,gegenuber wem‘ man sich verteidigt und die Vcrantwortung fur das eigene Ich iibernimmt, ob ein (kleiner) Richter oder der (grol^e) Richter. Aber sicherlich wird die ,Sunde‘ gegeniiber dem holistischen Recht - welche prächtige oder heruntergekommene Gestalt auch immer der metaphorische Richter annimmt, der aufgerufen ist, cs in seiner Macht zu bestätigen - uber die das Individuum (kritisch und par definition seinerseits ,richtend‘) amhäufigsten Rechenschaft zu geben aufgefordert wird, jene schon längst von unseremhegelschen ,toten Hund' identifizierte sein. Diese Subjektivität, als abstrakte Selbstbestimmung, blol^e Sicherheit und Selbstbewul^tsein lediglich vesn sich selbst, löst alle hestimmenden Inhalte des (positiven) Rechts auf undläfit sie verfliichtigen und die Bestimmtheit des Rechts, wenn man es der Macht der absloluten Reflektion und seiner kritischen und richtenden Kraft unterwirft, die nur auf sich selbst griindet („Diese Subjektivität, als die abstrakte Selbstbestimmung und reine Gewissheit nur ihrer selbst, verfliichtigt ebenso alle Bestimmtheit des Rechts, der Pflicht und des Dascins in sich, als sie die urteilende Macht ist, fur einen Inhalt nur aus sich zu bestimmen, was gut ist oder, wie ein allzu individualistischer Schiiler weitergcfiihrt hätte „nur auf dem Nichts“. 11 IV. Es kann also die Beobachtung nicht gänzlich erstaunlich erscheinen, nach der - wenn wir uns nun der jiingeren und jiingsten Phase der völkerrechtlichen Diskussion fiber diesen Punkt nähern, die uns hier ja interessiert — die tragende Achse dieser Diskussion noch heute vomThema der Unzulänglichkeit des Individuums gckcnnzeichnct ist, natiirlich aufgemöbelt und in die angebrachte juristische Terminologie iibersetzt. Wir wfirden fast sagen, dal^ die teilweise ,unbcwulk‘ vorausgesetzte Intuition- die sich anderenfalls als das Postulat des Individuums-als-Bezichung oder der Ubcrgangsphase ausdriicken liefic — noch immer mit dem iibereinstimmen könnte, was ein scharfsinniger Rechtsphilosoph vor nicht allzu langer Zeit gesagt hat: „Man geht so von der Individualität, die vor demStaat (aujlerhalb des Staates) ist, zur Persönlichkeit die im Staat ist (Ubereinstimmung mit demStaat), bis zur Universalität (Identität mit demStaat)“ (Lopcz de Onate). In der Substanz wollen wir behaupten - ohne natiirlich die unvermeidliche Vereinfachung zu verheimlichen, die damit einhergeht - daft die politischrechtliche Diskussion fiber die Position, die dem Individuumim Rahmcn der

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=