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Rfiner Schulze 210 keiten Bezug genommen wird. Weiterhin kann die historisch-verglcichende Bctrachtung als Anregung dienen bei der Suche nach einem Ausgangspunkt fiir eine kiinftige gemeinsame dogmatische Perspektive (so sucht - um nur ein Beispiel zu nennen - zumVerhältnis von Kauf und Ubereignung ein neuerer Beitrag'^ imAnschlul^ an eine Reihe älterer Arbeiten^o die Korrektur des Abstraktionsprinzips in Deutschland und des Konsensualprinzips in Frankreich durch die jeweilige juristische Praxis unter der Frage fortzufiihren, ob nicht der gemeinsame historische Ausgangspunkt, nämlich das Traditionsprinzip des römischen Rechts, die Basis ftir kiinftige gemeinsame Konzeptionen sein könne). (6) Allgemeiner gesagt: Das Bewulksein historischer Gemeinsamkeit kann fur Juristen unterschiedlicher nationaler Rechtsauffassungen und -erfahrungen eine Verständigungsgrundlage bei der Lösung heutiger Rechtsprobleme schaffen helfen. Wenn man beispielsweise in Rechnung stellt, dafi alle europäischen Zivilrechtskodifikationen in der einen oder anderen Weise vom System des Gaius (res-personae-actiones) ausgehen und es variieren, und auch, dal?i vom Kaufrecht bis zu Bereicherung und Delikt viele heutige Rechtsinstitute gemeinsame Wurzeln im ius commune haben (wie neuere Forschungen-' fast schon zum Gemeingut haben werden lassen), kann man nicht mehr einzelne nationale Welten als sich isoliert gegentiberstehcnd betrachten. Vielmehr stellen sich die verschiedenen Rechtsentwicklungen innerhalb der europäischen Länder als Varianten einer gemeinsamen Kulturerscheinung mit vielerlei historischen Verbindungen und gemeinsamen Entwicklungspotentialen dar. Freilich kann — nach dem oben Gesagten fiber die Andersartigkeit jeder historischen Situation - kein gemeinsamer historischer Bezugspunkt normative Bedeutung fiir die juristische Problemlösung der Gegenwart oder fur kiinftiges Recht haben. Lösungen und Lehrautoritäten etwa des älteren ius commune sind nicht »historische Autoritäten“ ftir ein heutiges gemeinsames europäisches Zivilrecht. Sie können aber einer der gemeinsamen Ausgangspunkte fur die Verständigung fiber die Grenzen der nationalen Rechtserfahrung hinweg und fiir die Suche nach Lösungen entsprechend den Verhältnissen unserer Zeit Franco Ferrari, Vom Abstraktionsprinzip und Konsensualprinzip zum Traditionsprinzip, ZEuP 1993, S. 52 ff. Leopold Prinz, Dcr Kampf gegen die abstrakte Ubereignung, 1919; Philipp Heck, Das abstrakte dingliche Rechtsgeschäft, 1937; Ernst von Caemmerer, Rechtsvcrgleichung und Reform der Fahrnisiibereignung, RabelsZ 12 (1938/39), S. 675 ft.; Hermann Nolte, Zur Reformder Eigentumsiibertragung, 1941; Erich May, Die Möglichkeit der Beseitigung des Abstraktionsprinzips bei den Verfugungsgeschäften des Fahrnisrechts, 1952; Hans-Georg Gottheimer, Zum Eigentumsiibergang beimKauf beweglicher Sachcn, RabelsZ 18 (1953), S. 356 ff. Helmut Going, Das Recht als Element europäischer Kultur, HZ 238 (1984), S. 1 ff.; ders., Europäisches Privatrecht, Band F Alteres Gemeines Recht, 1985, Band II: 19. Jahrhundert, 1989; Hein Kötz, Gemeineuropäisches Zivilrecht, aaO. Fn. 3, S. 486 ff.; Reinhard Zimmermann, The Law of Obligations: Roman Foundations of the Civilian Tradition, 1990; ders.. Das romischkanonische ius commune als Grundlage europäischer Rechtseinheit, JZ 1992, S. 8 ff.

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