VOM BFITRAG DHR RECFiTSGESCHlCHTE 209 das Rccht dcr Heirats- und Erbverträgc dcs Hochadels und vielcs mehr). Nicht vcrwischt werden dart dabei, dab in den Quellen etwa des Spätmittelalters oder der beginnenden Neuzeit jedoch weder die eine noch die andere uns vertraute Kategorie - weder „deutsches“ noch „europäisches“ Privatrecht - eine mabgebliche Bedeutung hatte. (4) Derartige vermittelnde Begriffe wie Europäische Rechtsgeschichte oder Europäisches Privatrecht sind mithin - in einer Beschreibung von Franz Wieacker - „Sonden“ der rechtshistorischen Forschung. Ihre Verwendung driickt damit im konkreten Fall zweierlei aus: zum einen, dab jenes ältere „europäische“ Recht einen ganz anderen geistigen, politischen und sozialen Kontext, andere Strukturen und Systeme, auch andere Wirkungsmechanismen hatte als unser heutiges Recht, selbst wenn viele Termini und einzelne Rechtsfiguren die gleichen geblieben sein mögen; dab also von „Kontinuitäten“ des „europaischen“ Rechts iiber die Epochen hinweg allenfalls mit grobem Vorbehalt gesprochen werden kann; zumanderen aber auch, dab jenes ältere Recht ftir Fragen der Gegenwart von Interesse ist und dab ein Bediirfnis nach Zugang von diesen Gegenwartsfragen her besteht. III. Rechtsgeschichte und Rechtsfragen der Gegenwart (5) Die Probleme und Fragen der Gegenwart, die europäische Rechtsgeschichte zum Gegenstand rechtshistorischer Forschung gemacht haben, betreffen sowohl den Integrationsprozel^ in Europa imganzen als auch spezifisch juristische Aspekte in diesemProzeb. Denn zumeinen ist mit dem Selbstverständnis der Europäischen Union als i?cc/:7t5gemeinschaft (nicht nur als Wirtschaftsgemeinschaft) das Recht als wesentlicher Faktor der Integration in den Mittelpunkt geruckt und damit die Frage nach den gemeinsamen historischen Grundlagen dieses wesentlichen Faktors heutiger Gemeinschaft nahegelegt. Auch iiber die Grenzen der Union hinaus gilt dies iibrigens im Hinblick auf die politisch-kulturellen Gemeinsamkeiten, die der Europäischen Menschenrechtskonvention und anderen internationalen Obereinkommen vorausgesetzt sind und von diesen Verträgen verstärkt werden. Zumanderen sind innerhalb des Integrationsprozesses verschiedentlich flir spezifisch juristische Aufgaben historische Komponenten in der Praxis hervorgetreten. Dies betrifft sowohl die Rechtsprechung, wie die eingangs erwähnten Beispiele zeigen, als auch die Rechtswissenschaft. Diese leistet ihren Beitrag, indemsie rechtshistorische Betrachtungen in den Vergleich der (trotz unterschiedlicher Systeme impraktischen Ergebnis häufig ähnlichen) Lösungen konkreter Rechtsfragen einbezieht - etwa als eine Verständnishilfe der Vergleichung oder um die systematischdoktrinären Verschiedenheiten, die sich in nationalen Rechtswissenschaften herausgebildet haben, zu relativieren, indemauf die historischen Gemeinsam-
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=