ZUR METHODENLEHRH IM EUROPÄ1SCHEN PRIVATRECHT 189 methodica tractatio“ (1543) bis bin zu Johannes Althusius’ ,Jurisprudentia romana“ von 1586 cbcn diesc methodischc Vorstellung zugrunde liegt: die richtige Methode fiir die Darstellung einer ganzen Disziplin ist die Aufgliederung eines Begriffs in Gattungen und Arten oder Teile*'. Dasselbe Verfahren wird auch in den juristischen Logiken von Vigelius (1573) und Freigius (1582)'2 vorgeschlagen. Davon abweichende Ansichten habe ich nicht gefunden. b) Französische Juristen Fiir Frankreich beruhen meine Ergebnisse auf der Lektiire einschlägiger Aussagen von Duarenus, Connanus, Corasius, Bodin, Hotman, Pierre Grégoire und Donellus. Was fiir Deutschland Derrer ist, also der Autor der ersten völlig freien systematischen Darstellung des römischen Rechts, ist fiir Frankreich Franciscus Gonnanus. Cc)nnanus’ „Gommentarii iuris civilis“ werden 1553 verölfentlicht. Er schlielk sich hier den (auch sonst im 16. Jh. viel zitierten) Vorstellungen an, die Cicero in seiner Schrift „De oratore“ entwickelt hatte'^. Cicero hatte gesagt: Wer eine Disziplin in die Formeiner Kunst bringen will, mufi so vorgehen, dalJ er zunächst den Zweck des Ganzen (hier des ius civile) beschreibt, dann seine Gattungen feststellt, ihre Teile darlegt und alle diese Elemente der Disziplin definiert. Oder, wie es kurz darauf heiEt, das ius civile „in Gattungen einteilt, die sehr wenige sind, daraufhin diese Gattungen gewissermaben in ihre Glieder aufspaltet, sodann die Eigenttimlichkeiten eines jeden durch eine Definition erklärt"'"^. Es handelt sich also um genau dieselbe Methode, die auch Derrer in Deutschland anwenden will; sie wird in der Antike die „dihairetische“, begriffsaufspaltende genannt. Etwas später, 1566, erklärt Jean Bodin in der Vorrede zu seinem Werk iiber die Geschichtsmethode den Plan seiner „iuris universi distributio“: Er habe das ganze Recht dergestalt in eine „Tabula“ gebracht, dab er „aus den Griinden selbst die obersten Genera " Vgl. auch meinen Aufsatz: Die ersten juristischen „Systematiker“, in: Festschrift fur Sten Gagnér zum3. März 1996, Ebelsbach 1996, S. 133 ff. Nicolaus Vigelius: Dialectices iuris civilis libri III, Basel 1573, S. 6 f. bezieht sich auf die dihairetische Methode Ciceros; Johannes Thomas Freigius: De Logica iureconsultorum libri II, ed. postrema, Basel 1582, S. 150 (folgt Ramus’ Methode, s. unten zu Fn. 20 f.). F. Connanus (Fn. 4), lib. 1, cap. 1, Nr. 7 (S. 4). Cicero: Dc oratore, 1, 41: „Sit ergo in iure civili finis hie, legitimac, atquc usitatae in rebus causisque civium aequabilitatis conservatio. Turn sunt notanda genera, et ad certum numerum paucitatemque revocanda. Genus autem id est, quod sui similes communione quadam, specie autem differentes, duas aut plures complectitur partes. Partes autem hae sunt, quae generibus iis, ex quibus emanant, subiiciuntur. Omniaque, quae sunt vel generum, vel partium nomina, definitionibus, quamvimhabent, est exprimendum ...“. Wenn es jemandem gelingt, „ut primumomne ius civile in genera digerat, quae perpauca sunt; deinde eorum generumquasi quaedam membra dispertiat; turn propriam cuiusque vimdefinitione declaret; perfectam artem iuris civilis habebitis, magis magnam, atquc uberem, quam difficilem atque obscuram ..." (nach: M. Tullii Ciceronis Opera, ex rccensionc Christ. Godofr. Schiitzii, 2. Bd., Augustae Taurinorum 1824, S. 124 f.).
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