Jan Schröder Richtung sei eine spezifisch deutsche Erscheinung gewesen^. Und sogar herrschend ist nach wie vor die, m.E. ebenfalls falsche, Ansicht, die Methodiker des 16. Jahrhunderts hätten „innere“ Systeme im Sinne des 19. Jahrhunderts errichten wollen, die als Quelle prinzipiengeleiteter deduktiver Erkenntnis dienen sollten^. 188 1. Die neuen Methoden des 16. Jahrhunderts 1. Die Universalmethode (dihairetische Methode: Cicero, Agricola, Ramus) a) DeutscheJuristen 1540 erscheint in Lyon Sebastian Derrers „Jurisprudentiae liber primus". Das Buch diirfte der erste Versuch iiberhaupt sein, das römische Recht in einer von den Quellen (auch der Biicherfolge der Digesten) völlig unabhängigen Ordnung darzustellen. Uber seine Methode sagt Derrer Folgendes: Es mtisse „ein bestimmter Gegenstand vorangestellt werden, auf den alle Bemuhungen des juristischen Wissens zielen, dann wird dieser Gegenstand in seinem Wesen, wie es die Aufgabe der Jurisprudenz erfordert, eingehender betrachtet, genauer in seine Teile zerlegt, und schlielMich werden den einzelnen Abschnitten die erforderlichen Vorschriften beigefiigt" Es soil also, nach Derrer, der Zentralbegriff des Rechts in seine Gattungen und Arten oder Teile zergliedert werden, und in diesemRahmenwerk sind dann alle einschlägigen Vorschriften unterzubringen. (Derrer selbst teilt das Recht in göttliches und menschliches, dieses wieder in natiirliches und gesetztes usw., daneben noch das Objekt des Rechts in Personen, Sachen, „commercium“ und „persecutio“). Ich meine nun, dals alien späteren Versuchen in Deutschland, von Konrad Lagus’ »Juris utriusque * In diesem Sinne könnte man die Bemerkung von Erik Wolf: Grofie Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte, 3. Aufl. Tiibingen 1951, S. 72 verstehen, dafi das „neue Streben nach einem.System* des Rechts“ in Deutschland ,,von allemAnfang an einen philosophisch-ethischen Zug“ bekommen habe, ,,der den Bemuhungen der italienischen und französischen Rechtslehrer fremd geblieben war, gemäB der deutschen Eigenart, sich ins Grundsätzliche zu vertiefen“. ^ So zuerst R. Stintzing (En. 7), S. 140; aber wohl auch noch F. Wieacker (En 1), S. 164 f. (Bestrebungen in Richtung auf ein »inneres Svstem“); El. E. Troje (En. 1), S. 741; Karl Heinz Burmeister: Das Studium der Rechte im Zeitalter des Humanismus im deutschen Rechtsbereich, Wiesbaden 1974, S. 258; Klaus Luig: Humanismus und Privatrecht, in: Vestigia iuris Romani. Festschr. fur G. Wesener zum60. Geburtstag, Graz 1992, S. 285 ff. (289 f.). Zutreffend demgegenuber Friedrich Ehel: Uber Legaldefinitionen, Berlin 1974, S. 84. Ich werde im Folgenden zu beweisen versuchen, dab die ,,Systeme“ des 16. Jahrhunderts nur zur besseren Ordnung des Stoffes, nicht aber zur Gewinnung besserer Sacheinsichten verfaBt worden sind. Dals die dabei notwendige Durcharbeitung des Stoffes tatsächlich auch neue Sacherkenntnisse hervorgebracht hat, ist natiirlich nicht auszuschlielsen, es beweist aber nichts fur die zu Grunde liegende methodische Haltung der Autoren (änders offenbar Luig a.a. O. S. 290). S. Derrer (En. 3), fol. b 2r. Vgl. auch die Aufierungen in demVorwort von Petrus Petremandus a.a. O., fol. c 4v, demzufolge die wahre Ordnung vomObersten, dem Objekt einer Disziplin, zu den Species und Membra hinabsteigt.
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