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Marie Sandström 174 erscheinen. Die iibernationale Gesetzgebung macht sozusagen das Sinnbild der Rechtseinheit aus. Abgesehenvon demMangel einer gemeinsamen europäischen Sprache^ und den dadurch entstehenden Ubersetzungsproblemen, könnten diese Regelungen ja in der Tat bis ins Detail uberall gleich sein. Die rechtsvereinheitlichende Gesetzgebung schiene sogar den Traum der Rechtseinheit so nachdriicklich zu verwirklichen, dal? diese Art Rechtseinheit mit rechtlicher Uniformität gleichgestellt werden kann. Ein selbstverstandlicher Einwand gegen diesen Gedankengang mul? aber erwähnt werden: blobe Gesetzgebungsakte können diese Einheit nicht gewahrleisten. Zwar wirkt schon ein gemeinsames Gesetzgebungsunternehmen an sich vereinheitlichend, aber nur in demMal?e, in dem die Gesetze in der nationalen Praxis auch gleichförmig ausgelegt und ausgefiillt werden. Es ist sicherlich unvermeidlich, dal? diese scheinbare Uniformität durch die Auslegung auf der nationalen Ebene erheblich relativiert wird. Ware also das Ziel der europarechtlichen Normsetzung eine in jedem Detail uniforme Rechtseinheit, so wiirde dieses Unternehmen schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt sein. Diese Relativierungstendenz hat wahrscheinlich sehr wenig mit der Loyalität der nationalen Gerichtshöfe den europarechtlichen Regelungen gegeniiber zu tun. Im allgemeinen scheinen es die nationalen Gerichtshöfe - in Schweden und anderswo — weitgehend zu vermeiden, die Möglichkeit zu dieses Relativierungder Quellen auszunutzen. Die Regelungen werden normalerweise nach demBuchstaben des EU-Rechts bzwder Praxis des EuGH ausgelegt. Als ein Weg zur Rechtsannäherung scheint diese Art von Rechtsbildung aber durchaus realistisch zu sein. Mit dieser miihsamen und langsamen Art, europaische Rechtseinheit zu erlangen, scheint niemand zufrieden zu sein. Die heftigsten Kritiker der europarechtlichen Gesetzgebung befinden sich interessanterweise unter den Rechtswissenschaftlern; eine ganze Reihe von Argumente sowohl praktischer, rechtstheoretischer aber auch rechtsgeschichtlicher Art sind, vor allem von deutschen Rechtswissenschaftlern, hervorgehoben worden. Die Kritiker meinen grundsätzlich, dal? diese Rechtsbildung bei weitem nicht zum Ziel, sondern eher zumentgegengesetzten Resultat ftihre, d.h. zur Zersplitterung des Europarechts. Die Uniformität der Normsetzung im Europarecht sei eine nur scheinbare. Paradoxerweise sei das Europarecht vor allem durch Uneinheitlichkeit und mangelnde innere Systematik gekennzeichnet. Die rechtsbildenden Organe in Brussel „tun es“, nach dieser Auffassung, ganz einfach „schlecht“! Diese Kritik scheint ohne weiteres berechtigt zu sein. Die Rechtsvereinheitlichung schreitet tatsächlich äul?erst langsam voran. Die europarechtliche Ge- ** Ich finde es erstaunlich, dais niemand - soweit ich sehe - auf der Idee gekommen ist, die akademische Universalsprache Latein fur diesen Zweek wiederzubelebcn.

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