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ZwiSCHEN STATISCHEN RECHTSKATEGORIEN 131 zur biirgerlichen Rechtsgelahrtheit gehörige Wahrheiten eingemengt werden. Dieses pflegt gemeinlich zu geschehen, wenn Juristen die natiirliche Rechtsgelahrtheit abhandeln, die denn leicht das römische Recht einmengen, und davon halten, es sei etwas natiirlichen Rechtens, well es imRömischen Rechte stehtd'^ Mit Riicksicht darauf, dafi das römische Recht als ratio scripta betrachtet wurde, ist diese Anwendung allerdings erklärlich. Sie widerspricht aber gleichzeitig der Grundannahme dieses Wissenschaftsdenkens, daft die Erkenntnis in eine apriorische und eine aposteriorische Erkenntnisart aufgeteilt ist, die zueinander konträre Gegensätze dastellen. Dadurch, dafi die Kenntnis des römischen Rechts, die zweifellos einen Teil des historischen Erkenntnis ausmachte, zu apriorischemWissen erhoben wird, werden die zwei entgegengesetzten Erkenntnisarten vermischt oder aber das erfahrungsgemäl? Gegebene wird als philosophisch notwendig ausgegeben. Damit wird die Rechtskunde nichts anderes als eine Summe vermeintlich apriorischer Rechtssätze ohne Grund. Friedrich Carl von Savigny stellt unter Berticksichtlgung des Dilemmas des Naturrechts fest, die juristischen Naturrechte stellen römische Rechtswahrheiten nur abstrakter auf und glauben sie dann dutch Philosophic gefunden zu haben.^° Gleichgiiltig ob der Naturrechtslehrer seinen Ausgangspunkt in einem objektiven oder in einemsubjektiven Erkenntnisprinzip nimmt, so fiihrt die Perspektive unvermeidlich dazu, daft das Historische völlig unmotiviert und ohne haltbaren theoretischen Grund zu seinemkonträren Gegensatz, dem Philosophischen, transformiert wird. Mit anderen Worten ist es eine unlösbare methodologische Aufgabe die vorgestellten ewigen Rechtskategorien in der Erkenntnis zu erreichen. Dal? man, umdie Gedankenkette zu retten, halbwegs in der Argumentation gegen die logischen Gesetze verstiel?, die gleichzeitig die Voraussetzung der ganzen Theorie waren, verbesserte den Status der Rechtswissenschaft nicht. ImGegenteil folgte aus diesem theoretischen Mangel, dal? die Rechtswissenschaft - die ihre Legitimität aus der Uberzeugung bezog, dal? es möglich sei, eine reine iiber Zeit und Raum stehende, absolute Rechtslehre festzustellen - in Verruf geriet. Das unversöhnliche Gegensatzverhältnis, das zwischen dem Naturrecht und dem positiven Recht herrschend wurde, kam auch in einem Mil?trauen zwischen den Naturrechtslehrern, d. h. der Rechtswissenschaft, und den „Praktikern“ zumAusdruck. DieTätigkeit der letzteren war aus dem Blickwinkel der Naturrechtslehrer unwissenschaftlich, well sie nicht iiber die vermeintlichen, philosophischen Grtinde des positiven Rechts verfiigte. Die einheitsbildenden Kategorien, Begriffe und Definitionen, mit Nettelbladt, Unvorgreiffliche Gedanken, S. 110. Savigny, F. C. v., Juristische Methodenlehre, nach der Ausarbeitung des Jakobs Grimm, hrsg. von Gerhard Wesenberg, Stuttgart 1951, S. 48-49.

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