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Claes Peterson 130 haben. Und so 1st auch ein solcher Satz demonstrieret, der dutch iiberzeugende Zeugnisse ist er\sdesen worden. Ich macht mir demnach kein Bedenken, die Demonstrationen in philosophische und historische abzuteilen, nachdcm der Erweis entweder durch Schliisse die aus gewissen Griinden hergeleitet werden, oder durch rechtmässige Zeugnisse gefiihret wird.’"^ In der juristischen Argumentation hat man also Nettelbladt zufolge mit zwei unterschiedlichen, von einander getrennten Griinden zu rechnen, nämlich der ratio necessaria vel arbitraria, d. h. einem notwendigen oder einem willkiihrlichen Argumentationsgrundd^ Das Naturrecht besteht aus unendlichen, deduktiven Begriffsgenealogien, die an ein Kettenmodell denken lassen.*^Jedes Glied ist philosophisch notwendig, weil es in einer ununterbrochenen Reihe von Gliedern in direkter Verbindung mit dem notwendigen Grund steht. ImBereich des positiven Rechts dominiert dagegen das Spiel der Zufälligkeiten, was bedeutet, dafi die Wahl des Agumentationsgrundes von Zweckmälhgkeitserwägungen gesteuert wird. Ratio arbitraria hat mit anderen Worten eine in Zeit und Raumbegrenzte Giiltigkeit und kann deswegen nach Belieben gegen einen anderen, alternativen Ausgangspunkt der Argumentation ausgetauscht werden. Das materielle Ergebnis der Naturrechtslehre bestätigt schlieElich, daft die gedachte apriorische Einheit durch die Arbeit einer reinen Vernunft nicht erreichbar war.*^ Das, was in der Naturrechtslehre als das System des Naturrechts dargelegt worden ist, besteht tatsächlich aus einer Summe von historisch bestimmten römischrechtlichen Institutionen, aus denen man rechtliche Schluftfolgerungen gezogen hat. Daniel Nettelbladt kritisierte den Branch der Zeit, daft '■* Nettclbladt, Unvorgreiffliche Gcdanken von dem heutigen Zustand der burgerlichen und natiirlichen Rechtsgelahrtheit in Deutschland, Halle 1749, S. 47-48. Nettelbladt, a.A., S. 46. 16 Peterson, C., „Rechtsvereinheitlichung durch Naturrecht? Zur Frage des Naturrechts in der schulphilosophischen Rechtstheorie des 18. Jahrhunderts“, in Quaderni Fiorentini per la Storia del Pensiero Giuridico Moderno 21 (1992), S. 18 ff. Nettclbladt, D., Systema Elementare DoctrinarumPropaedeuticarum lurisprudentiae Positivae GermanorumGommunis, Halle 1781, §66. Die Gedanken der Naturrechtsvertreter griinden sich auf völlig unrealistische V'orstellungen von den Möglichkeiten der Vernunft eine syntethische Apriori in der Objektskenntnis erreichen zu konnen. Stahl hat diese Wahnvorstellung auf folgende treffende Weise abgetan (Bd II, S. 182): „Es wird damit nicht geläugnet, dal? wir alle Erkenntnis, und so auch die dcs Gerechten, nur durch unser Erkenntnisvermögen erhalten, das man immerhin Vernunft nenncn möge. Allein die ruhenden Denkbestimmungen, welche die abstrakte Philosophic unter Vernunft versteht, sind nun geeignet, einen Inhalt, den wir schon besitzen, in seiner Bestimmtheit fcstzuhalten, seinen Verlust, seine Vervs'irrung durch Hiniiberspielen in anderes zu verhindern - ein blob negativer Gebrauch. Und selbst das tätige Denken und Erkcnnen (Vernunft in einem höheren und reicheren Sinne), welches nicht in diesen hohlen isolierten Formen besteht, ist immerhin doch nur das Mittel der Erkenntnis, nicht der Gegenstand derselben“.

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