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ZwiSCHEN STATISCHEN RECHTSKATEGORIEN 123 als auch erkenntnistheoretisch ist. Das Objekt der Erkenntnis Hegt in zwei, einander entgegengesetzten Ausprägungen vor: einer statischen und einer veränderlichen oder aber in Wesen und Ausdruck, was seinerseits auf zwei einander entgegengesetzte Erkenntnisarten hinausläuft, nämlich eine philosophische Erkenntnisart, die die Apriori-Natur oder die statische Natur des Objekts abbildet, und eine historische, die die in Zeit und Raumveränderlichen Ausdriicke des Objekts beschreibt. Daraus geht hervor, dal$ die beiden Seiten des Objekts, und folglich die zwei beschriebenen Erkenntnisarten, einen absoluten Gegensatz darstellen in dem Sinne, daft sie nicht vermischt werden diirfen, sondern dafi man sie rigoros getrennt halten mulE Eine Vermischung von Apriori und Aposteriori wiirde nämlich dazu fiihren, dal^ das Gesetz des Gegensatzes, ein grundlegendes Prinzip fiir alles Denken, aufgehoben wiirde. Es ist deshalb eine Herzensache aller Wissenschaft, die sich zu einem absoluten Wissenschaftsbegriff bekennt, die beiden Erkenntisarten getrennt zu halten. Charakteristisch fiir diese Tradition ist auch, wenn Immanuel Kant schreibt: Von beiden muli der reine Teil, so viel oder so wenig er auch erhalten mag, nämlich derjenige, darin Vernunft gänzlich a priori ihr Objekt bestimmt, vorher allein vorgetragen werden, und dasjenige, was aus anderer Quelle kommt, damit nicht vermengt werden.- Die historische Erkenntnisart, a posteriori, muE, nach dieser Theorie, von der philosophischen Erkenntnisart getrennt halten werden. Der Gegensatz Naturrecht - positives Recht Das Naturrecht stellt das notwendige Apriori des Rechts {ius necessarium) dar, das unabhängig von Zeit und Raum seine Quelle in Schaffenswillen Gottes oder in einer kantschen autonomen Vernunft hat; das positive Recht {ius voluntarium) ist dagegen etwas Zufälliges, das Veränderungen in Zeit und Raum unterworfen ist und vom Willen weltlicher Gesetzgeber herrtihrt. Das Recht hat somit zwei verschiedene Dimensionen, auf der einen Seite das statisch fiber Zeit und Raumstehende Naturrecht, nur im Denken fafibar, auf der anderen Seite das zufällige positive Recht, das erfahrungsmäl^ig gegeben ist. Mit der Aufteilung des Rechts in zwei unterschiedliche Stufen des Seins folgt eine Aufteilung der Rechtslehre in eine Naturrechtslehre oder reine bzw. philosophische Rechtslehre, und eine positive Rechtslehre. Das Verhältnis zwischen den beiden Rechtsschichten kann mit einem Zitat von J. F. Fries, einemJurist des späten 18. und friihen 19. Jahrhunderts, illustriert werden: Philosophische Rechtslehre ist also der Art nach ganz von der positiven unterschieden, aber ebenso weit scheint sich das Interesse beider zun trennen. Das Interesse der reinen Rechtslehre ist weltbiirgerlich, denn sie stellt uns das Ideal - Kant, I., Kritik dor reinen Vernunft, Hrsg. Vorlaender, 2. Aufl., Berlin 1899, S. 17.

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