Carl Josefsson Legitimitätsgrundlage einer solchen intergrierenden Rechtswissenschaft. Man mu{5 sich in dieser Hinsicht zunächst mit den oben erörteten erkenntnistheoretischen Grundlagen der Rechtswissenschaft beschäftigen. Eine selbständige, intergrierende Rolle der Rechtswissenschaft diirfte ohne eine vorgehende, gemeinschaftsweite Auseinandersetzung mit deren methodologischen und philosophischen Grundlagen nicht möglich sein. Dabei ist der Riickgriff auf herkömmliche Begriindungen nicht ausreichend; die Frage nach einer inneren rechtswissenschaftlichen Legitimität mul? spezifich, der Gegenwart und der gegenwärtigen Philosophie angemessen, beantwortet werden.'^^ Infolge der Ausformung des Gemeinschaftsrechts betrifft die gegenwärtig dringende Frage nach der Fegitimität der Rechtswissenschaft indessen nicht in erster Finie die iibergreifende Systematik, sondern die rechtswissenschaftliche Funktion fiir die Rechtsbildung im einzeln. Die gemeinschaftliche Privatrechtsintegration ist, wie oben gezeigt, hauptsächlich auf die punktuelle Angleichung von Einzelmaterien angelegt. Sie geht ferner von der Trennung zwischen dem autonomen gemeinschaftlichen und demjeweiligen natic>nalen Systemaus. Hieraus entsteht eine doppelte Einheitsproblematik und eine zweifache rechtswissenschaftliche Aufgabe. Betrachtet man die Problematik aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht, ist die einheitliche Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts von Interesse. Diese ist gefährdet, wenn die angeglichenen Normen wegen unterschiedlicher nationaler Wertungen und Systematiken nicht gemeinschaftsrechtskonform ausgelegt werden. Hinsichtlich der Produkthaftungsrichlinie ist beispielsweise die Gefahr einer „die Harmonie sprengende/n/ Sonderentwicklung“ zu beobachten.'^*^ Im Verbraucherrecht wird ferner um des gemeinschaftsrechtlichen Schutzniveaus willen fiir eine Autonomisierung der in den Richtlinien gefundenen Begrifflichkeiten argumentiert.’^^ Mit diesem Ansatz ist die Entwicklung einer eigenständigen gemeinschaftlichen Theoriebildung beziiglich des angeglichenen Rechts beabsichtigt.-°° Die einheitliche Wirksamkeit kommt ohne eine grundlegende Theoriebildung nicht aus. Es ist also notwendig, dab die Rechtswissenschaft — zur Gewährleistung der einheitlichen Anwendung des angeglichenen Rechts - amRechtsbildungsprozefi teilnimmt.-®* Wendet man sich der mitgliedstaatlichen Systematik zu, ist zunächst der Gedanke der getrennten Rechtsordnungen problematisch. Der nationale Rechts197 Ygl. Riickert, Savignys Konzeption vonJurisprudcnz und Recht, ihrc Folgen und ihre Bedeutung bis hcutc (Fn. 24), S. 93. Siehe Hohloch, Gerhard, Produkthaftung in Europa, ZEuP 1994, S. 408 tf (437). So Reich, Norbert, Zur Theorie des Europäischen Verbraucherrechts, ZEuP 1994, S. 381 tf (391). Siehe auchJoerges, Christian, Die Europäisierung des Privatrechts als Rationalisierungsprozel? und als Streit der Disziplinen, Eine Analyse der Richtlinie tiher milSbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, ZEuP 1995, S. 181 ff (190 f). Vgl. ferner FFommelhoff, a.a.O., S. 104. Siehe Reich, a.a.O., in passim. In diesem Sinne Miiller-Graff, Privatrecht und europäisches Gemeinschaftsrecht (En. 1), S. 50 f und Hommelhoff, a.a.O., S. 106 f. 98 198
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