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PaoloCappfllini Auf dem ersten, äufieren Niveau spielen die Anforderungen, die Hans Albert (gemeinsam mit vielen anderen — ich denke nur an Arthur Nussbaum) gestelit har, eine gewichtige Rolle; insbesondere was die immer dringendere Integration der Dogmatik innerhalb einer Gesetzgebungslehre anbelangt.'^ In diesem Zusammenhang wird deutlich, welche Bedeutung den empirischen Wissenschaften, der Tatsachenforschung, der Untersuchung und genaueren Bestimmung verschiedener, ins Spiel kommender Interessen beizumessen wäre, auch wenn dies noch zu oft in abstrakter Weise vorgenommen wird. Aber einmal angenommen, der Jurist verfiigte iiber die nahezu vollständige empirisch-wissenschaftliche Kenntnis der substantiellen Seite des Rechtsverhältnisses: er stiinde mit seiner Arbeit trotzdemganz am Anfang, weil auf dem begrifflichen inneren Niveau eine vielleicht nicht unbegrenzte, aber doch weitgehende Vielfalt von ,konstruktiven Möglichkeiten herrscht, die sich in ihrer Austauschbarkeit alle zur Befriedigung substantiellen Interessen anbieten*.'^ Dieselben politischen Ideologien, Interessen oder auch, wenn man so will, ökonomischen Lehren und Programme diirften mit ganz verschiedenen juristischen Konstruktionen der Rechtsinstitute verwirklicht, bzw. „ubersetzt“ werden, wobei es sicherlich sehr darauf ankommt, welche der möglichen Lösungen zuletzt gewählt werden. Ein solcher Pluralismus zeigt und unterstreicht imGrunde die (relative) Autonomie der Disziplin. Auf demzweiten Niveau handelt es sich nicht nur umdie Suche nach rationellen Argumenten, sondern vielmehr um einen wahren Kampf um Paradigmen- und Definitionsmonopole; um einen Willen zur klassifizierenden Vernunft,'^ die ihre Uberzeugungskraft nicht in irgendwelcher logischen Stringenz findet, sondern in einer moralischen, bzw. politischen oder sogar ästhetischen „Grammar of Assent", deren Zustimmungs- und Einverständnisbegriff wieder zuriick auf die religiöse Problematik verweist: „A man convinced against his will/Is of the same opinion still. Man könnte viele Beispiele im Privatrecht (Rechtsgeschäft . . . usw.), sowie im öffentlichen Recht finden, wenn man die Tatsache im Auge behält, dal5 gerade die Unterscheidung „Privatrecht/öffentliches Recht „eines der raffiniertesten Ergebnisse des dogmatischen Konstruktionsstrebens darstellt: hier werden wir uns mit einem seiner wichtigsten Punkte begniigen miissen. Vergegenwärtigen wir uns den Jahrhunderte andauernden Prozefi der juristi18 « 18 H. Albert, a. a. O., S. 82 u. dazu P. Cappellini, Teoria generale e scienza del diritto, in: Enciclopedia del diritto, XLIV (1992), S. 162-181, 170. Vgl. A. Luminoso, Mandate, commissione, spedizione, in Trattato di diritto civile e commerciale, hrg. von A. Cicu ( +), F. Messineo { +) und fortgesetzt von Luigi Mengoni, Milano 1984, S. 208. Zum folgenden besonders wichtig J. Habermas, Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats, Frankfurt amMain 1992, S. 493 ff. Vgl. J. E. Newman, Essay in Aid of a Grammar of Assent (1870), italienische Ubersetzung Milano 1907, S. 190.

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