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14 PaoloCappfi.i.ini fangen bei Domat, dem Verfasser des von den Rechtshistorikern mehr zitierten, als ihnen wirklich bekannten Werkes „Les Lois civiles dans leur ordre naturel" (1689—1694) — vielleicht schon zu friih von Arnauld und sogar Boileau heiliggesprochen (als „le restaurateur de la Raison dans la Jurisprudence")' - iiber den obengenannten Chancelier Daguesseau mit seinem riihmenswerten Ordonnances (1731—1747), von denen „le style et la clarté . . . en firent merne des modeles pour le Code civil de 1804",^ bis schlieBlich bin zur französischen Revolution „dont il conditionne plusieurs aspects" P der Beitrag des Jansenismus zur Ausbildung einer modernen Selbstbehauptung des Rechtsbewulkseins, insbesonders im systematischen und dogmatischen Bereich, sowie auch im Privatrecht, steht test. Und dies obwohl, wie schon angedeutet und an dieser Stelle nicht weiter nachzuvollziehen, mehr aufgrund zu stark vereinfachender Schablonen, als durch detaillierte Forschungen eine Beweisfuhrung vorgenommen wurde.'’ Zur Dogma-Problematik zuriickkehrend — d. h. zugleich zu seiner historiographischen Behandlung, sowie den theoretischen Einstellungen, die in abstracto dafiir verfiigbar sind, bzw. praktisch dafiir verwendet werden — sollte man die darin enthaltenen Anregungen ernst nehmen: inwieweit und in welchemSinne ist die gröfiere „Tiefe" einer Begriindung vermittels Dogma (bzw. Dogmatik) als konstitutiv fur die „westliche" juristische Erfahrung anzusehen? Dogma bezeichnet hier auch die Berufung auf eine gewissermal^en „religlöse“, nicht nur rationale, iiberrationelle, nicht notwendigerweise durch Diskussion begriindete Dimension; wobei von Beginn an klargestellt werden mulk das Komplementär von „rational" heiBt hier nicht unbedingt und primär „irrational".^ Und weiter, ist eventuell diese Dimension historisch betrachtet ein Urtext oder zeigt sie sich gerade als Ereignis, als genauer zu datierende Begebenheit, die eben well sie einmal „geboren" wurde, auch wiederum zunichte gemacht werden darf oder zumindest im Sinne einer Umgestaltung, einer Neuorientierung der zugrundeliegenden Modelle ihr eigenes Ende finden darf? 1st es letztendlich iiberhaupt möglich, eine einzige interne Rationalität des Rechtsdogmatikbegriffs anzunehmen (vgl. etwa die Termini „dogmatisch richtig", „Unvorstellbares" bzw. „rechtlich Unmögliches", „kann nicht gesollt - A. a. O., S. 359. ' J.-L. Halpérin, L’impossible Code Civil, Paris 1992, S. 41. ■* Vgl. Jansenisme et politique, Textes choisis et présentés par R. Tavenaux, Paris 1965, S. 44 tt.; R. Gobbi, Figli dell’Apocalisse, Milano, 1993, S. 224—245. ^ Urn eine erste Orientierung zu bekommen vgl. B. Baudelot, Un grand Jurisconsulte du XVll Siecle: Jean Domat, Paris 1938; ferner M. F. Renoux-Zagame, Domat, le Salut, le Droit, m: Revue d’histoire des Facultes dc Droit et de la Science jurisdique, no 8, 1989, S. 91 ft.; C. Caristia, Filosofia e teologia, diritto e politica nel primo giansenismo. Giansenio, G. Du Verger, A. Arnauld, in; Rivista internazionale di Filosofia del Diritto, XXXV(1958), S. 83 ft. * Dazu immer noch grundlegend M. Merleau-Ponty, Le visible et I’invisible, Pans 1964 (italicnische Ubersetzung Milano 1993); ferner M. Cacciari (u. a.), Natura e Sovranatura m: Paradosso, 3, 1992.

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