FaKTORF.Nder PRIVATRECHTSVEREINHEITLICHUNGENUM 1800 UNOUM 1900 11 BGB^° mit seinen Giiterstandstypen als gruppenmäfiige Zusammenfassung der, wie man damals vermeinte, rund 250 Giitersysteme Deutschlands. Der Erarbeitung des Schweizer ZGB^' ging die einer gesamtschweizerischen Rechtswissenschaft voraus, die es sich besonders zur Aufgabe machte, die kommende Rechtseinheit gleichsam als historisch vorgeformt auszugeben. So fand eine ahistorische „historische Riickverlagerung"^’ der angepeilten Rechtsvereinheitlichung statt, sichtbar etwa im Einbau von Rechtssprechwörtern in den Gesetzestext wie bekannterweise „Ehe macht mundig“.^^ E) Ergebnis Die Rechtsvereinheitlichung um 1900 zeigt somit ein wesentlich heterogeneres Bild als jene um 1800. Sie ist einmal stärker von staatspolitischen und rechtspolitischen Vorgaben bestimmt. In wissenschaftlich-rechtstechnischer Weise zeigt sie sich weniger konsequent und in den Auffassungen iiber Möglichkeiten und Grenzen der Rechtsvereinheitlichung vorerst gespalten. Insgesamt erscheint das Privatrecht disponibler als zur Zeit der logischen Kategorien des Naturrechts. So galten im deutschen Handelsrechts-Entwurf von 1848 „ausgleichende Abanderungen“^'^ als durchaus möglich, und zwei Generationen danach zeichnete sich das Schweizer ZGB vor allem durch „praktikable Lösungen Flusse einer sich stets weiterbewegenden Rechtsfortbildung zu stehen. So bezog der österreichische Oberste Gerichtshof 1915 sowohl das ZGB wie das Einfiihrungsgesetz zum BGB in seine Uberlegungen ein: Er miisse, so seine Begriindung, bei Vorliegen einer Gesetzesliicke vom „RechtsbewuBtsein des Volkes“ ausgehen;^^ im BGB habe die „auch fiir unser Rechtsbewufitsein mafigebende deutsche Rechtswissenschaft... ihren Niederschlag gefunden", so daft ein hier niedergelegter Rechtsgrundsatz „daher im allgemeinen auch bei uns anzuwenden“ sei. « 65 Zu dieser Zeit herrschte durchaus das Bewufttsein vor, im aus. W. Brauneder, Freiheit des Vertragsinhalts und Typengebundenheit imEhegiiterrecht (BGB — ZGB— BGB), in; Zeitschrift fur Rechtsvergleichung 1974, 1 ff. Dölemeyer, wie Fn. 46, 1988 ff; P. Caroni, Rechtseinheit, 1986. Brauneder, wie Fn. 60, lOf. P. Caroni, „Privatrecht“: Eine sozialhistonsche Einleitung, 1988, 95. Baums, wie Fn. 17, 55. Caroni, wie Fn. 63, 91. J. Glaser — J. Unger (Hrsg), Sammlung von zivilrechtlichen Entscheidungen des k. k. Obersten Gerichtshofes, Neue Folge Nr. 7335.
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=