Hans-Hfinrich Vo(',m. 224 J.J Das Strafgesetzbuch Die Verfassung des Norddeutschen Bundes von 1867 gab dem Bund, wie schon erwahnt, durch Artikel 4 Nr. 13 die generelle Kompeten?. zu strafrechtlicher Gesetzgebung. Auf dieser Basis entfalteten sich im Bereich des Strafrechts umgehend gesetzgeberische Aktivitäten. Im April 1868 forderte der Reichstag des Norddeutschen Bundes auf Antrag u. a. des damaligen nationalliberalen Abgeordneten Gottlieb Planck den Bundeskanzler auf, Entwiirfe eines gemeinsamen Strafrechts und eines gemeinsamen Strafprozesses sowie die dadurch bedingten Vorschriften der Gerichtsorganisation vorbereiten und dem Reichstag vorlegen zu lassen.'** Der Bundesrat stimmte dem Antrag im wesentlichen zu. Schon am 17. Juni 1868 ersuchte Bismarck den preubischen Justizminister Leonhard um Ausarbeitung des Entwurfs eines Strafgesetzbuches. Leonhard nahm den Auftrag am 8. Juh 1868 an und liels im preulsischen Justizministerium einen ersten Entwurf mit Motiven erarbeiten, dessen Grundlage das preufiische Strafgesetzbuch von 1851 wurde und der ein Jahr später vorlag. In der zweiten Hälfte des Jahres 1869 wurde der Entwurf von einer Expertenkommission des Bundesrates griindlich revidiert. Der zumJahresende vorgelegte revidierte Entwurf wurde anschliefiend im Friihjahr 1870 von Bundesrat und Reichstag beraten. Den AbschluB dieser - politisch schwiengen — Beratungen bildete die Genehmigung des Entwurfs durch den Reichstag am 25. Mai 1970. Sechs Tage später wurde das Strafgesetzbuch im Bundesgesetzblatt verkiindet.'^ 1871 wurde es erst zum Reichsgesetz erklart, dann den geänderten staatsrechtlichen Verhältnissen angepabt und schliefilich als Strafgesetzbuch fiir das deutsche Reich neu verkundet.-° Zu Planck siehe Jahnel in: Schubert: Materialien (Fn. 26) S. 80-83, Schubert: Vorlagen der Redaktören (Fn. 26) Familienrecht Teil 1 S. XXVll-LI. Stralgesetzbuch fiir den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870, BGBl 1870 S. 197. - Fine Bestandsaulnahme des Partikularrechts zum Ende der sechziger Jahre des vongen Jahrhunderts und eine zeitnahe Darstellung der Entstehung des Strafgesetzbuches auf grund gedruckter Quellen gibt Karl Binding: Flandbuch des Strafrechts. Erster Band. Leipzig 1885. S. 40-92. Line ausfuhrhche neue, im iibrigen auch auf bisher ungedrucktes Quellenmaterial gegriindete Darstellung bietet Werner Schubert in zwei Aufsätzen, von denen die Darstellung hier ausgeht: Die Quellen zum Strafgesetzbuch von 1870/71. Zugleich ein Beitrag zur Entstehung der Bestimmungen iiber den Irrtum, den Versuch, die Teilnahme und die Notwehr; in: Goldtammer’s Archiv fur Strafrecht 1982 S. 191—218; Der Ausbau der Rechtsemheit unter dem Norddeutschen Bund. Zur Entstehung des Strafgesetzbuchs von 1870 unter besonderer Beriicksichtigung des Strafensvstems; in: bestschrift fiir Rudolf Gmiir zum70. Geburtstag, Bielefeld 1983, S. 149-189. §2 Gesetz betreffend die Verfassung des Deutschen Reichs vom 16. April 1871, BGBl 1871 S. 63 (mit Flinweisen auf vorhergehende Vorschriften aus der Zeit der Uberleitung des Norddeutschen Bundes in den Deutschen Bund und dann das Deutsche Reich), § 7 Gesetz betreffend die Einfiihrung Norddeutscher Bundesgesetze in Bavern vom 22. April 1871, BGBl 1871 S. 87. - Gesetz betreffend die Redaktion des Strafgesetzbuchs fiir den Norddeutschen Bund als Stratgesetzbuch fur das Deutsche Reich vom 18. Mai 1871, RGBl 1871 S. 127.
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