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222 Hans-HfinrichVOCFI damit erledigt. Nach Artikel 4 Nr. 13 der Verfassung des Norddeutschen Bundes von 1867 fiel „die gemeinsame Gesetzgebung iiber das Obligationenrecht, Strafrecht, Handels- und Wechselrecht und das gerichtliche Verfahren“ in den Kompetenzbereich des Norddeutschen Bundes. Diese Bestimmung war in zweierlei Hinsicht problematisch: Zum einen war der Bund nur fur Teilbereiche des Zivilrechts, nicht aber fiir das gesamte biirgerliche Recht zustandig, und zum anderen blieb die Frage offen, ob die Kompetenz zur Regelung gerichtlicher Verfahren auch jene zur Regelung der Gerichtsverfassung umfafite. Zum ersten dieser beiden Probleme findet man in den Materialien zur Verfassung eine interessante Diskussion; Johannes Miquel schlug während der Vorberatungen unter Bezugnahme u.a. auf EntschlieBungen der ersten Juristentage in den sechziger Jahren die Ausdehnung der Gesetzgebungskompetenz des Norddeutschen Bundes auf das gesamte burgerliche Recht vor. Sein Antrag unterlag in der Abstimmung aber einemAntrag Eduard Laskers, Nationalliberaler wie Miquel und später lange eine ihrer dominierenden Persönlichkeiten, nach dem man es bei der Kompetenz fiir das Obligationen-, Handels- und Wechselrecht belassen sollte.^ Später waren es nach wiederholten Initiativen im Reichstag schliefilich Lasker und Miquel gemeinsam, die jene Verfassungsänderung erreichten, die eine Ausarbeitung des Biirgerlichen Gesetzbuches möglich machte. Die Vorhaben, die in den späten sechziger Jahren in der Regie erst des Norddeutschen Bundes und dann des Deutschen Reichs teils weiterbetrieben, teils neu in Angriff genommen wurden, waren enorm. 3.2 Die Reichsjustizgesetze Ohne nennenswerte zeitliche Verzögerung weiterbetrieben wurde das ZivilprozeBprojekt des Deutschen Bundes, das sich allerdings immer mehr auswei- ’ Siehe hierzu die Diskussion während der Vorberatung des Verfassungsentwurfs und die .Ablehnung des weitergehenden Antrages von Miquel, wiedergegeben bei Fr. von Holtzendorff, F. Bezold: Materialien der Deutschen Reichs-Verfassung. Band 1. Unveränderter Neudruck der Ausgabe Berlin [1872-1873] Glashiitten im Taunus 1976. S. 491-511. - Miquels und Laskers Anträge waren insoweit koordiniert, als die Nationalliberalen eine möglichst umfassende Reichskompetenz fiir das burgerliche Recht erreichen wollten. Gelang es keine Mehrheit fur Miquels Antrag zu bekommen, sollte Laskers Antrag eine Alternative bieten. Siehe hierzu Adolf Laufs: Die Begriindung der Reichskompetenz fiir das gesamte burgerliche Recht. Fin Beitrag zur Geschichte der deutschen Rechtseinheit. Juristische Schulung 1973 S. 740-744. Siehe auch Hans Herzfeld: Johannes Miquel. Band I; Johannes von Miquel und die Bismarcksche Reichsschopfung von 1866 bis 1884. Detmold 1938. S. 66 f. und 120-123. - Zu Eduard Lasker Richard W. Dill: Der Parlamentarier Eduard Lasker und die parlamentarische Stilentwicklung der Jahre 1867-1884. [Diss. phil. Fak.] Erlangen [1957]. - Zu den Diskussionen und Beschliissen der Juristentage ab 1860 siehe Th. Olshausen: Der DeutscheJuristentag. Sein Werden und VC'irken. Eine Festschrift zumfiinfzigjahrigen Jubiläum. Berlin 1910. S. 19—56. von

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