Deutsche Begriffsjurisprudenz und Kodifikationssprache aus schwedischer Sicht Hcifis-Hcinrich Vogcl 1 Einleitung Die Begriffsjurisprudenz hat bei vielen Schweden einen schlechten Ruf. Begriffsjurisprudenz betreibt man besser nicht, will man nicht als hoffnungslos schlechter Jurist gelten. In Deutschland ist die Lage ähnlich. Warum die Begriffsjurisprudenz geradezu geächtet ist, ist wohlbekannt. Die Lntwicklung der deutschen Rechtswissenschaft ging in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts fiber sie hinaus. Rudolf von Jherings beriihmte Weihnachtsgabe fiir das juristische Publikum von 1884, seine Schrift fiber Scherz und Ernst in der Jurisprudenz,' war fiberaus erfolgreich bei der Diskreditierung; die Interessenjurisprudenz bot ansprechenden Ersatz. War aber die Begriffsjurisprudenz wirklich so schlecht, wie ihr Ruf heute ist? Hat sie möghcherweise Leistungen vollbringen können, die heute noch erwähnenswert und vielleicht sogar bedenkenswert sind? Was Begriffsjurisprudenz ist, ist bekanntlich nicht ganz einfach darzustellen. Hundert Jahre methodologischer Literatur seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert und insbesondere die Kampfschriften der ersten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts bieten eine Vielzahl von Beschreibungen.’ Viele sachliche Zfige der Begriffsjurisprudenz werden eingefangen, manchmal werden Definitionen gegeben, gelegentlich Zerrbilder gezeichnet. Diesen Charakteristiken soil keine weitere hinzugeffigt werden. Hier ist es ausreichend, auf ein Kennzeichen der Begriffsjurisprudenz abzustellen, das (neben anderen Kennzeichen) immer wieder — und auch in Schweden — als charakteristisch aufgefal^t worden ist: die systematisch-synthetische Erfassung des Rechtsstoffes durch konstruktive Termmologiewahl und durch systematische Strukturierung der rechtlichen Substanz. Als Beispiel eines methodologischen Credos mit solcher Ausrichtung sei das häufig zitierte Programm Paul Labands aus dem Vorwort zur ‘ Rudolf von Jhering: Scherz und Krnst in der Jurisprudenz. F.ine Weihnachtsgabe fiir das juristische Publikum. Unvcränderter reprografischer Nachdruck der 13. Auflage, Leipzig 1924. Darmstadt 1964. ’ Siehe Karl I.arcnz: Metbodenlehre der Rcchtswissen.schaft. 6. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York 1991. S. 19-35.
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