Rfinfr Schufzf 214 unter der Frage nach vorzugswiirdigen und konsensfähigen Ansätzen fiir die Entwicklung gemeinsamen Zivilrechts zu analysieren, ohne dafi die Einbindung in die jeweilige nationale Rechtserfahrung ungewollt zu Verkiiizungen und Einseitigkeiten fiihrt. Uber den bislang eher punktuellen Austausch zwischen nationalen Wissenschaften hinaus erfordert dies Foren und Medien europäischer Diskussion auch auf dem Felde des Privatrechts — vor allem eine (trotz der Sprachschwierigkeiten) iiber die Grenzen hinaus zur Kenntnis genommene privatrechtliche Literatur. In einemderartigen Diskurs wäre es ein vorrangiges Anliegen, die vorhandenen Gemeinsamkeiten im Vergleich der nationalen Rechtsordnungen herauszuarbeiten; und gerade dabei können möglicherweise die allgemeinen Rechtsgrundsätze iiber ihre geschichtliche Bedeutung hinaus eines der wissenschaftlichen Instrumente auf dem Feld des europäischen Privatrechts werden. Denn sie gestatten die Darstellung gemeinsamer oder ähnlicher Rechtsinhalte trotz unterschiedlicher normativer Ausgestaltung und systematischer Zuordnung in den verschiedenen nationalen Rechtsordnungen. Geht man davon aus, dafi diese Rechtsordnungen — wie dargelegt — durch gemeinsame Traditionen verbunden sind und dal^ sie iiberdies angesichts vergleichbarer Probleme der modernen Gesellschaft in vielen konkreten Fragen durchaus zu ähnlichen Problemlösungen fiihren, so läl^t die Abstraktion von unterschiedlichen nationalen Gestaltungen auf normativer Ebene und in systematischer Hinsicht durchaus gemeinsame Prinzipien der europäischen Privatrechte darstellbar erscheinen, ohne dafi diese gemeinsamen Inhalte etwa von der Rechtspraxis in den einzelnen Ländern völlig abgehoben wären. e) Die theoretisch-methodischen Voraussetzungen fur eine derartige Darstellung europäischen Privatrechts lassen sich hier nicht imeinzelnen darlegen. Als einer der wichtigen Ausgangspunkte auf seiten der deutschen Privatrechtstheorie sei hier nur verwiesen auf die Diskussion um das Verhältnis von Rechtsprinzip und -norm, die seit den fiinfziger Jahren Josef Esser mit seiner Schrift „Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts" ausgelöst hat. Aufgegriffen und konkretisiert hat diesen Ansatz fiir das europäische Recht aus verfassungsrechtlicher Sicht jungst Peter Häkerle."^’ Seine Konzeption der „Prinzipien-Struktur“ des europäischen Rechts liel^e sich auf der Grundlage der von Esser vorgezeichneten Begrifflichkeit mutatis mutandis wohl auf weite Bereiche des Privatrechts iibertragen. Man wird sogar erst recht fiir das Privatrecht mit seiner reichen gemeinsamen Tradition, den vielfältigen neueren internationalen Verbindungen und der funktionalen Aquivalenz unterschiedlicher nationaler Regelungen von einer vergleichbaren „PrmzipienJosef Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, Tubingen 1956, 3. Aufl. 1974. ^ Peter Häberle, Gemeineuropaisches Verfassungsrecht, in: EuGRZ 1991, S. 261 ff.
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