Al I.GKMl-.INK RKCHTSGRUNDSÄTZEUND ENT^’ICKLUNG. . . 213 Hlnzu kämen gegenwärtig nicht nur die ungelösten Probleme der Gerichtsverfassung und des Verfahrensrechts; der Europäische Gerichtshof ware jedenfalls in seiner derzeitigen Struktur als europäisches Revisions- oder Kassationsgencht fur das gesamte Zivilrecht wohl iiberfordert. Ein gemeinsames Gesetzbuch ohne eine die Rechtsanwendung und -fortbildung in der Praxis vereinheitlichende höchstrichterliche Judikatur bliebe aber blofies normatives Programm. Auch die inhaltliche Gestaltung einer gemeinschaftsrechtlichen Kodifikation miifite hier Winter dem Entwicklungsstand, den das Zivilrecht in der nationalen Rechtsordnung in unseremJahrhundert erreicht hat, zuriickbleiben: Die (von den derzeitigen Gemeinschaftsaufgaben nahegelegte) einseitig wirtschaftsbezogene Ausrichtung der Gesamtanlage einer Kodifikation ginge insbesondere zu Lasten des in vielen europäischen Ländern erreichten Ausbaus des zivilrechtlichen Schutzes aulserhalb der Vermögenssphäre, namentlich der Persönlichkeitssphäre und des eigenwirtschaftlichen Giitereinsatzes. d) Obgleich die Zivilrechtswissenschaft in den einzelnen Ländern von einer regelmäfiigen Einbeziehung der europäischen Perspektive in die dogmatische „ Alltagsarbeit“ noch weit entfernt ist und es an umfassenden Darstellungen der heute bestehenden oder kiinftig herzustellenden Gemeinsamkeiten fiir die Hauptgebiete des Zivilrechts noch fehlt, zeichnen sich in den letztenJahren bereits eine Reihe von Ansätzen fur eine „Europäisierung“ der Zivilrechtswissenschaft in Europa ab. Dazu gehören in Deutschland die erwähnten Studien zur Rechtsvergleichung, zum Gemeinschaftsprivatrecht sowie zur Europäischen Rechtsgeschichte^^ sowie das Entstehen wissenschaftlicher Zentren vomMaxPlanck-Institut fur Europäische Rechtsgeschichte^^ bis zumGraduiertenkolleg fiir die Internationalisierung des Privatrechts.** Es gehören iiber Deutschland hinaus dazu - um wiederum nur ein Beispiel herauszugreifen — die Arbeiten der Lando-Kommission,^^ deren erste Teilergebnisse demnächst veröffentlicht werden sollen. Im weiteren Fortgång wird erst ein möglichst breiter europäischer Diskurs der Privatrechtswissenschaft die Möglichkeit (wenngleich noch keineswegs die Gewähr) bieten, die nationale und regionale Rechtsvielfalt Sowie eine Reihe weiterer Arbeiten gerade in jiingster Zeit, vgl. Hein Kötz, „Was erwartet die Rechtsvergleichung von der Rechtsgeschichte?", in: JZ 1992, S. 20 ff. Siehe dazu als Ergebnis der Forschungsarbeiten Going, Handbuch (Fn. 31). Als Impulsgeber tur die Forschung erwies sich die Zeitschrift „Ius Commune'* (Bde. 1—9 hg. v. Going, Bde. 10-13 hg. V. Dieter Simon und VC alter Wilhelm, ab Bd. 14 hg. v. Simon), ebenso die Reihe eter lus Gommune Sonderhefte. **** Graduiertenkolleg ..Internationalisierung des Privatrechts" Universität Freiburg i. Br., unter Leitung von Rainer Frank, Dieter Feipold, Peter Schlechtriem, Hans Stoll, Rolf Stiirner. Zum ArbeitsprogrammOle Lando, European contract law, in: American Journal of comparative law 31 (1983), S. 653 ff.; zu ersten Teilergebnissen ders.. Principles of European Contract Law, in: RabelsZ 56 (1992), S. 261 ff.; siehe auch Ulmer (Fn. 2), S. 5 mit weiteren Nachweisen.
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