212 Rfini r Schui zi abgelöst hatte. Derartiges Umdenken in Richtung auf eine (Re)-“Europcäisieder Rechtswissenschaft (und das entsprechende „Umschreiben“ einge- «84 rung fiihrter Literatur) diirfte freilich kaum eine Frage weniger Jahre sein und mub die Verstandigung iiber sehr unterschiedliche Rechtserfahrungen und Rechtsstile ebenso wie die Auseinandersetzung mit zahlreichen offenen Fragen des modernen Privatrechts im Diskurs zwischen den Zivilrechtswissenschaften in den europäischen Fändern einschliel^en. Ohne eine derartige langfristige Vorbereitung durch die Rechtswissenschaft, dutch eine entsprechende Gestaltung der Juristenausbildung und durch den Wandel des Selbstverständnisses der Juristen könnte der Versuch einer Kodifikation nur den äufieren Schein einer Rechtsvereinheitlichung begriinden und wiirde den Ubergang von den )eweihgen Traditionen nationalen Rechtsdenkens zu einem gemeinsamen europäischen Verständnis des Privatrechts eher behindern als fördern. Denn ein äuf^erlich gemeinsames Recht ohne gemeinsame wissenschahliche Grundlage bliebe an Qualität und Konsensfähigkeit weit hinter den jeweiligen nationalen Rechten zuriick; und eine gleichmäfiige Umsetzung durch die juristen in den verschiedenen Fändern bliebe nicht zu erhoffen. Solange Ausbildung und Selbstverständnis der Juristen, in deren Händen die Anwendung und zum Teil die Fortgestaltung des Zivilrechts vornehmlich liegt, fast ausschliefilich von den jeweiligen nationalen Rechtstraditionen, -systemen und -stilen beherrscht werden, wäre es kaum zu vermeiden, dafi das europäische Gesetz von deutschen, englischen, französischen und anderen nationalenJuristen höchst unterschiedlich verstanden und wenn nicht umgängen, so doch jeweils imGeiste der vertrauten nationalen Rechtserfahrung auf eigene Weise angewandt und im Zuge der richterlichen Rechtsfortentwicklung dem nationalen Kontext entsprechend korrigiert wird. Ohne Veränderung von Ausbildung und Berufsprofil der Juristen, ohne „Juristen fur Europa“,^‘’ bestiinde mithin die Gefahr, dal^ unter dem Schein der Rechtsvereinheitlichung nicht nur die nationalrechtlichen Divergenzen fortbestiinden, sondern sich mit dem Konflikt zwischen europäischer Kodifikation und nationalem Rechtsdenken die Konfusion der normativen Systeme innerhalb der einzelnen Rechtsordnungen iiber die derzeit bereits durch die Umsetzung von EG-Richtlinien aufgeworfenen Probleme hinaus vergröfierte. Zwar mag zu einem späteren, heute noch nicht absehbaren Zeitpunkt möglicherweise ein gemeinsames Zivilgesetzbuch seinerseits fur kiinftige Generationen europäischer Juristen ein verbindendes Element werden, wenn es im Bewufitsein der Begrenztheit von Kodifikationen als eines der Elemente der europäischen Privatrechtsentwncklung geschaffen wird. Dazu geniigt freilich nicht ein Erlafiakt des Gesetzgebers, sondern es mufi der Wandel von Kenntnissen und Selbstverständnis der Juristen bereits zuvor den Boden bereitet haben. Vgl. Going (Fn. 20). 'X illoweit/GroiJfeld (Fn. 74).
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