RS 19

Ai.i.gemhinf rechtsgrundsätzeundentwickeung ... 211 sen Europas schaden kann, wcnn Integrationskonzepte allzusehr auf legislaterische oder administrative Gestaltung durch politische Zentralinstanzen setzen und den Eindruck erweeken, eine Uniformierung der Lebensverhältnisse zu erstreben. Der Versuch, durch einen legislatorischen Kraftakt der Rechtseinnäherzukommen, «80 heit in Europa einen „mächtigen qualitativen Sprung könnte mithin das Gegenteil des Gewollten herausfordern: die Ablehnung eines den europiiischen Nationen „von oben“ auferlegten uniformen Rechts und den Riickzug auf die jeweiligen nationalstaatlichen Traditionen und Kodifikationen als das vertraute, „eigene“ Recht eines iiberschaubaren Bereichs (zumal, wenn es mit Geschichte und Selbstverständnis der Nation so eng verbunden ist, wie etwa der französische Code civil oder wenn es die nationale Rechtswissenschaft in den letztenJahrzehnten so nachhaltig befafit hat, wie das neue niederländische Burgerlijk Wetboek*^'). Diese Bedenken entfielen nicht, wiirden sich aber möglicherweise mindern, wenn eine Zivilrechts-Kodifikation der Europäischen Gemeinschaft auch längerfristig nicht an die Stelle der nationalen Privatrechte innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten treten, sondern lediglich die Rechtsverhältnisse mit Auslandsberiihrung erfassen sollte.®^" Sie ware in diesem Fall eine Art Ersatz fur das Internationale Privatrecht im Binnenbereich der Gemeinschaft. Jedoch miifite sich in diesem Fall die Frage stellen, ob der Regelungsaufwand einer Kodifikation der Sachnormen des Zivilrechts diesem begrenzten Anliegen angemessen oder ob nicht einc Angleichung des Kollisionsrechts - ein Europäisches Internationales Privatrecht — funktional gleichwertig und fachlich, gemeinschaftsrechtlich und politisch eher realisierbar wäre*^ (zumal beide Ansätze gleichermafien nicht dazu beitragen könnten, die vielfältigen Probleme der Einpassung einer zunehmenden Zahl gemeinschaftsrechtlicher Elemente in die verschiedenen Systeme der nationalen Zivilrechte zu lösen). Mehr noch als die Zweifel an der gemeinschaftsrechtlichen Kompetenz und an der politischen Akzeptanz lassen indes derzeit der Stand der wissenschaftlichen Vorbereitung und — damit verbunden - die Inhalte der Juristenausbildung ein gemeinschaftsrechtliches Kodifikationsvorhaben fragwiirdig erscheinen. Die wissenschaftliche Vorbereitung eines europäischen Zivilrechts erfordert zuvörderst eine Umkehr jener „Nationalisierung“ des Rechtsdenkens, die während der letzten beiden Jahrhunderte die ältere Gemeinrechtswissenschaft Vgl. Tilmann, F.ntwicklung cines europäischen Zivilrechts (Fn. 3), S. 500. Zu Entstehungsgeschichte und Inhalt siehe Ewoud Hondius, Das neue Niederländische Zivilgesetzbuch, in; AeP 191 (1991), S. 378 ff.; A.S. Hartkamp, Einfiihrung in das neue Niederländische Schuldrecht, ebd., S. 396 If.; J. B. M. Vranken, Einfiihrung in das neue Niederländische Schuldrecht, ebd., S. 411 ff. Tilmann, Entwicklung eines europäischen Zivilrechts (En. 3), S. 499 ff. Vgl. hierzu Erik Javme, Ein internationales Privatrecht fiir Europa, Heidelberg 1991; WulfHenning Roth, Der Einfluls des europäischen Gemeinschaftsrechts auf das Internationale Privatrecht, in: RabelsZ 55 (1991), S. 623 ff. (627 ff.).

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=