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Al l.CiFMKINK RHCHTSCIRUNDSÄTZK UND ENTWICKLUNG. . . 207 tur das Privatrecht in Deutschland schon die „neudeutsche“ Rechtsterminologie vom Leasing iiber das Factoring bis zumFranchising zeigt); und mit gutem Grund widmen sich diesen vielfältigen ständigen Fortentwicklungen Rechtsprechung und Rechtswissenschaft weitaus mehr als die Gesetzgebung. Auch abgesehen von diesen neuen Gestaltungen imVertragsrecht befafit sich die deutsche Privatrechtswissenschaft heute in weitem Umfang mit Rechtsinhalten, die sie selbst gemeinsam mit der Rechtsprechung geformt hat: von der culpa in contrahendo'’’ iiber das System des Schutzes absoluter Rechte (unter Ausweitung der quasinegatorischen Klagen und des deliktischen Rechtsschutzes)"'"* und die Entwicklung der Organhaftung bis hin zu den Haftungsspezialrechten (Arzthaftung, Produkthaftung usw.)'’'’ oder der Nutzungsausfallentschädigung.’’^ Ob man diese Fortentwicklung des Privatrechts auberhalb der Kodifikation vornehmhch als Richterrecht tassen will; ob man dies — in der Tradition des Gesetzespositivismus — scheut und zum Begriff des — einst unter dem Kodifikationsgedanken fast totgesagten - Gewohnheitsrechts Zuflucht nimmt (wie in der heute vorherrschenden deutschen Lehre fiir die culpa in contrahendo)"’^ oder ob man generell von einem iiber die Kodifikation hinausgewachsenen „Mischrecht“‘’*^ spricht — stets relativiert sich die Rolle der Kodifikation fiir das möderne Privatrecht und erweist sich eine Identifikation von Recht und Gesetz als unzulänglich fiir die Theorie des heutigen Privatrechts. b) Angesichts der Krise der traditionellen Vorstellungen iiber das Privatrecht als nationales Recht und als kodifiziertes Recht steht heute Privatrechtswissenschaft vor der Aufgabe, den Erfordernissen des Privatrechtsverkehrs ohne den Riickzug auf den politischen Rahmen des Nationalstaates und zugleich „jenseits der Illusionen von Kodifikationen und Gesetzgebern“^‘^ gerecht zu werSiehe dazu (jewcils mit weiteren Nachweisen) Joset Esser/F.ike Schmidt, Schuldrecht, Bd. 1 Allgemeiner Toil, 6. Autl., Heidelberg 1984, S. 435 ff.; Karl Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, Erster Band Allgemeiner Teil, 14. Autl., Miinchen 1987, S. 104 ff.; Hans Brox, Allgemeines Schuldrecht, 20. Aufl., Miinchen 1992, S. 39 ff.; Wolfgang Fikentscher, Schuldrecht, 8. Aufl., Berlin New York 1992, S. 53 ff.; Dieter Medicus, Schuldrecht I Allgemeiner Teil, 6. Aufl., Miinchen 1992, S. 53 ff. Aus der Rechtsprechung RGZ 78, 239; BGHZ 66, 51; BGH in JuS 1962, S. 1 16. Hermann Lange, Schadensersatz, 2. Aufl., Tiibingen 1990, S. 51 ff., S. 423 mit weiteren Nachweisen; Kötz, Deliktsrecht, 5. Aufl., Ncuwied/Kriftel/Berlin 1991, S. 34, Rnr. 85 ff. Dazu Geigel, Der Haftpflichtprozel5,Miinchen 1986; Lange (En. 54); Kötz (En. 54), S. 77 ff., Rnr. 201 ff. BGHZ 98, 212; dazu Besprechung von Elessner, Gekfersatz fiir Gebrauchsentgang, in: JZ 1987, S. 271 ff. l.arenz (En. 53), S. 108 f.; Fikentscher (Fn. 53), Rnr. 70; Brox (En. 53), Rnr. 56; siehe auch Cierhard Dilcher, Mittelalterliche Rechtsgewohnheit als methodisch-theoretisches Problem, in: Dilcher, Schulze, Wadle, Weitzel, Wolter (Hrsg.), Gew'ohnheitsrecht und Rechtsgewohnheit im Mittelalter, Berlin 1992, S. 21 ff. So Dilcher, VomBeitrag der Rechtsgeschichte zu einer zeitgemäfien Zivilrechtswissenschaft, in: AcP 184 (1984), S. 247 ff. (255 f., 286 ff.). Ranieri (En. 5), S. 102.

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