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Al 1 GKMFINF RFCHTSGRUNDSÄTZF UND ENTWICKLUNG. . . 199 gebcrischen Kodifikation war, mag fiir die kasuistische Fortentwicklung des Common Law zwar nicht völlig belanglos, aber doch von untergeordneter Bedeutung gewesen sein. Zugespitzt liefie sich vielleicht - wie unlängst aus dem Blickwlnkel einer Epistemologie des Rechts vertreten wurde^^ — ein Gegenmodell beschreiben: Das Common Law entwickelte sich nicht vom Besonderen iiber das Allgemeine zumBesonderen (wie es kontinentaleuropäischem Rechtsdenken entspräche), sondern in einer eher analogischen Denkweise „vom Besonderen zum Besonderen“Z^ Fur das heutige Bemiihen um einen Briickenschlag zwischen Civil Law und Common Law — auch und gerade unter dem Gedanken der allgemeinen Rechtsgrundsätze — könnte diese Verschiedenheit der Denkweisen gröfiere Schwierigkeiten bereiten als die Feststellung einer Reihe im praktischen Ergebnis iibereinstimmender Lösungen von Rechtsproblemen. Insofern mag paradoxerweise die Suche nach geschichtlichen oder gegenwärtigen Ubereinstimmungen zwischen Civil Law und Common Lawumso erfolgreicher verlauten, desto weniger sie methodologisch interessiert ist und desto mehr sie beide Arten des Rechts als reine Ansammlungen von Problemlagen und Problemlösungen begreiftZ* Ob derartige Erkenntnis von Gemeinsamkeiten Einflul? auf die Entwicklung der Rechtspraxis in beiden Bereichen erlangen kann, bleibt freilich abhängig von der Entwicklung auch des methodologischen Kontextes — etwa vom Vordringen kontinentaleuropäischer Begriffe abstrakter Rechtsdarstellung im Common Law einerseits und von der konzeptionellen Verarbeitung zunehmender kasuistisch-pragmatischer Rechtsfortbildung imCivil Lawandererseits. b) Fiir eine Reihe kontinentaleuropäischer Länder jedenfalls leisteten die allgemeinen Rechtsgrundsätze einen Beitrag zur Rechtsvereinheitlichung, als bereits ältere Gemeinrechtswissenschaft und Naturrechtslehre neuen Verständnissen des Rechts zu weichen begannen. Im Vorfeld dieses Wandels - schon vor den grofien Kodifikationen an der Wende zum 19. Jahrhundert — zeichnet sich dies in der historisch-juristischen Auseinandersetzung mit einheimischen Rechten in verschiedenen Ländern Europas ab: fiir Frankreich etwa mit der Extraktion gemeinsamer Grundsätze aus verschiedenen lokalen Gewohnheitsrechten und ihre Darstellung als »coutumes générales“ fiir Samuel (Fn. 26), Abschn IV; vgl. auch Okko Behrends, Struktur und Wert. Zum institutionellen und prinzipiellen Denken im geltenden Recht, in: Okko Behrends/Malte Diefielhorst/Ralf Dreier (Hrsg.), Rechtsdogmatik und praktische Vernunft, Symposion zum 80. Gcburtstag von Franz Wieacker, Göttingen 1990, S. 138 ff. (139 mit weiteren Nachweisen). Bis bin zu einer kasuistischen Betrachtungsweise, vgl. hierzu Joachim Riickert, Privatrechtsgeschichte und Traditionsbildung (Besprechung zu Zimmermann, The Law of Obligations), in: RechtshistorischesJournal 11 (1992), S. 122 ff. (insbes. S. 132 ff.). Vgl. dazu Vincenzo Guizzi, Il diritto comune in Francia nel XVII secolo, in: TRG 1969, S. 23 f.; Klaus Luig, Institutionenlehrbiicher des nationalen Rechts im 17. und 18. Jahrhundert, in: lus Gommune III (1970), S. 65 ff.; Jean Gaudemet, Les tendances å 1’unification du droit en France 14

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