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Jan Schrödfr naturliche und biirgerliche (d.h. staatliche) sein: deren erstere (d.h. das natiirliche) das Privatrecht, das zweite das öffentliche Recht genannt wird. Denn dem Naturzustand ist nicht der gesellschaftliche, sondern der biirgerliche entgegengesetzt . . In den folgenden Naturrechtssystemen wird diese Einteilung gebräuchlich, mehrere Philosophen (Krug, Weiss) schlieben sich ihr an,^^ und die Juristen fast durchweg (Hugo, Tafinger, Gros, Bauer).Ich sehe den Grund fiir diese Entwicklung, um es noch einmal zu sagen, im Ubergang zu der Vorstellung von einer unter den einzelnen Menschen prinzipiell friedlichen Rechtsordnung und einemstaatlichen Gewaltmonopol, kraft dessen die Rechte des Einzelnen privat sind, ihr Schutz nunmehr aber öffentlich ist. Damit vergröl^ert sich um 1800 der Bereich des öffentlichen Rechts im Vergleich mit dem mittleren 18. Jahrhundert so stark, da£ es gegeniiber dem Privatrecht gleiches Gewicht bekommt und daf? die uns geläufige Zweiteilung des Rechts nahegelegt wird. 188 II. Die „naturrechtliche“ Herkunft der modernen Unterscheidung? Ich habe Sie einen etwas langen Umweg gefuhrt, um nun zu der entscheidenden Frage zu kommen, ob diese moderne Unterscheidung eine „naturrechthche“ ist, d. h. wie sich die juristische Theoriebddung in diesem Fall vollzogen hat. 1st sie so verlaufen, dafi die positivrechtliche Theorie die naturrechtliche iibernommen hat? Oder folgt umgekehrt die naturrechtliche Theorie der positivrechtlichen? Oder trifft vielleicht keines von beiden zu, und naturrechtliche und positivrechtliche Theorie haben nur gemeinsame Wurzeln? 1. Ubernahme der naturrechtlichen Theorie in das positive Recht? Um diese Frage beantworten zu können, muB man sich zunächst den zeitlichen Ablauf etwas genauer vor Augen zu fiihren. Soweit ich sehe, entwickeln sich die naturrechtliche und die positivrechtliche Theorie in der Frage der Gesamtsystematik zeitlich und sachlich ganz parallel. Imfriihen und mittleren 18. Jahrhundert bilden öffentliches und Privat-Recht nirgendwo die Hauptglieder des Systems. ImNaturrecht tritt, wie gesagt,^** seit Darjes, Achenwall und Nettelbladt, die Unterscheidung nur zur Gliederung des staatlichen Rechts auf, wird aber von der Haupteinteilung in vorgesellschaftliches und gesellschaftliches Recht iiberlagert. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den gleichzeitigen Gesamt- ” I. Kant(Fn. 10), S. 52. W. T. Krug (Fn. 26), S. 134; C. Weifi (Fn. 26), S. 31. G. Hugo, Naturrecht (Fn. 26), S. 131 ft., 355 ff.; W. G. Tafinger (Fn. 26); A. Bauer (Fn. 26); K. H. Gros (Fn. 26). Die drei letzten fuhren neben Privat- und Staats-(öffentlichem) Recht noch in einem dritten Teil das Völkerrecht auf. Siehe oben zu Fn. 19.

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