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DiFFlNTEll.UNG DFS RFCHTS INOFF’FNTMCHFS RFCHT UND PRIVATRFCHT (Kant), fiir die der Rechtsidee gemälJe Ausiibung des Zwanges ist „zwischcn Einzelnen . . . keine Sicherheit vorhanden“ (Karl Heinrich Gros).^^ War also nach der Naturrechtslehre des mittleren 18. Jahrhunderts bereits im vorstaatlichen Zustand eine komplette Rechtsordnung vorhanden, in der einerseits fur die Rechte selbst, andererseits fur deren Schutz gesorgt war, so ist nach dem Verständnis des späten 18. Jahrhunderts das vorstaatliche Recht unvollstiindig, nur provisorisch, ungeschiitzt und der zweite Teil der Rechtsordnung, der Rechtsschutz, obliegt jetzt dem Staat, dem öffentlichen Bereich. Damit erweitert sich der Bereich des Staatsrechts - oder, wie nun häufiger gesagt wird, des öffentlichen Rechts - erheblich. Ibm fallen nun alle diese rechtsschiitzenden, ein staatliches Gewaltmonopol voraussetzenden Rechtsgebiete zu, also Straf-, ProzeB- und Zwangsvollstreckungsrecht. 187 b) Einteilung des Rechtssysteme in öffentliches und Privat-Recht Damit lag jetzt eine Einteilung des Gesamtsystems in privates und staatliches (oder öffentliches) Recht viel näher als vorher. Der Staat hatte jetzt ein ganz anderes Gewicht als vorher. Er hatte eine spezifische Aufgabe bekommen, durch die staatliche und aul^erstaatliche Rechte in einer bis dahin nicht bekannten Weise miteinander verkniipft wurden. Die alte Einteilung des Naturrechts in vorgesellschaftliches und gesellschaftliches wurde dem nicht mehr gerecht. Das scheint man vereinzelt schon vor Kant gespiirt zu haben, zuerst, soweit ich sehe, schon 1789 und 1794 Wilhelm Gottlieb Tafinger (ein Tiibinger Professor).-^’* Aber erst Kant sagt ausdriicklich: „Die oberste Einteilung des Naturrechts kann nicht . . . die in das natiirliche und gesellschaftliche, sondern muB die ins I. Kant (Fn. 10), S. 163; K. H. Gms (Fn. 26), § 108, S. 83. S. auch W. G. Tafingcr; Encyclopädie (Fn. 26), S. 113 f.; A. Bauer (Fn. 26), S. 91. Zur Emordnung dcs Zivdproz.el5rechts im triilien 19. Jahrhundert siehe auch K. W. Nörr (Fn. 9), S. 47 ft. '■* Wilhelm Gottlieb Tafinger: Encvclopädie und Geschichte der Rechte in Teutschland, Erlangen 1789, S. 11: Das Naturrecht zerfalle „in das Naturrecht des einzelnen Menschen oder, wie ich es lieber nennen wollte, das allgemeine Privatrecht, das allgemeine Staats- und Völkerrecht" (Hervorhehung von mir); ders.; Lehrsazc des Naturrechts, Tubingen 1794, allerdings nur im Rahmen dcs „hypothetischcn“ Naturrechts („2) Besondere Lehrsatze": A) Allgemeines Staatsrecht, B) Allgemcines Privatrecht, C) Allgemeines Völkerrecht). Dagegen haben folgende, oft als „kantianisch“ bezeichnete, Naturrechte zwischen 1789 und 1797 diese Einteilung noch nicht: Johann Christian Gottlieb Schaumann: Wissenschaftliches Naturrecht, Halle 1792; Johann Heinrich Abicht: Neues Systemeines aus der Menschheit cntwickelten Naturrechts, Bayreuth 1792; Theodor Schmalz: Das reine Naturrecht, Königsberg 1792; ders.: Das Recht der Natur, Königsberg 1795; L. H. Jakob (Fn. 12), 1. Aufl. 1794; J. C. Hoffbauer (Fn. 20); K. H. Heydenreich (Fn. 32); Carl Christian Erhard Schmid: Grundrils des Naturrechts fiir Vorlesungen, Jena und Leipzig 1795; G. Hufeland (Fn. 20, unterscheidet: Eigentliches Naturrecht - allgemeines Staatsrecht - allgemeines burgerliches Recht); G. S. A. Mellin (Fn. 26); Ferdinand Christoph Weise: Die Grundwissenschaft des Rechts, Tubingen 1797; Ernst Ferdinand Klein: Grundsätze der natiirlichcn Rechtswissenschaft nebst eincr Geschichte derselbcn, Halle 1797. Die Einteilung ist iiberwiegend die in vorgesellschaftlichcs und gesellschaftliches Naturrecht; die Kantsche Idee, dafi es nur im Staat einen rechtlichen Zustand gebe, fast durchweg nicht vorhanden.

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