Jan Schröder 18. Jahrhunderts noch keineswegs. Insofern darf man sagen, dafi die naturrechtliche Theorie auch die Rechtswirklichkeit ihrer Zeit zwar vereinfachend, aber nicht verfälschend wiedergibt. 184 b) Einteilung der Rechtssysteme in öffentliches und Privatrecht? Damit beanwtortet sich die Frage, warum es in dieser Zeit keine Einteilung des Rechtssystems in öffentliches und privates Recht gegeben hat, schon beinahe von selbst. Die beiden Rechtsteile erschöpfen zwar das gesamte Rechtsgebiet. Aber sie sind viel zu ungleichgewichtig, um sie als Håupteinteilung einem Rechtssystem zugrunde zu legen. Dementsprechend finden sie sich bei den Klassikern des Naturrechts - Pufendorf, Thomasius, Wolff - iiberhaupt nicht oder nur in beiläufigen Bemerkungen.'* Die Generation der Schuler von Thomasius und vor allemvon Wolff geht dann dazu fiber, wenigstens das staatliche Recht in öffentliches und privates zu gliedern, etwa Darjes, Nettelbladt, Achenwall und Höpfner.'^ Dabei erkennt aber Achenwall in den späteren Auflagen seines Lehrbuchs, daf? das private Recht imStaat entweder nur die Wiederholung des natiirlichen vorstaatlichen oder rein positives Recht ist, so dah diese Systemstelle gar nicht ausgefiillt werden kann.-° Unabhängig davon bleibt aber die alles iiberwölbende Håupteinteilung die in aufiergesellschaftliches und gesellschaftliches Naturrecht. Das „ius pubhcum“, Staatsrecht ist viel zu unbedeutend, um als Hauptteil des Systems in Erscheinung zu treten. C. Wolff (Fn. 7) spricht in der Vorrede davon, er habe „nicht nur die Naturgesetze, welche sich sowohl auf alle privat-, als auch öffentlichen und Völckerrechte erstreken, in eine Ubereinstimmung gebracht“ (im lateinischen Original steht „Jura tarn privata, quam publica . . die Ubersetzung ins Deutsche ist nach der Vorrede des Ubersetzers von Wolff durchgesehen und gebilligt worden). In der Darstellung wird diese Einteilung dann aber nicht mehr ausdriicklich verwendet. J. G. Darjes (Fn. 3), Sect. V: lus publicum universale. Sect. VI; lus civile universale, wobei „ius civile" dasselbe bedeuten soil wie „ius privatum" (§795, S. 457); G. Achenwall/J. S. Putter (Fn. 13), Lib. 3, Cap. 2: ius publicum universale. Cap. 3: lus privatumuniversale; D. Nettelbladt (Naturrecht, Fn. 3), P. 3, Lib. 2, Sect. 1: iurisprudentia naturalis civilis theoretica, membrum 1: ius publicum naturale seu universale, membrum2: ius privatumnaturale seu universale. Sect. 2: iurispudentia naturalis civilis practica; L. J. F. Flopfner (Fn. 7), § 173: „Das einheimische Staatsrecht wird in das öffentliche (ius publicum) und Privatrecht (ius privatum) eingeteilt" (S. 144); J. A. H. Ulrich (Fn. 11), Sect. 4: ius civitatis domesticum universale. Pars 1: ius civitatis domesticum publicumuniversale. Pars 2: ius civile privatumuniversale. Es gibt also auch im Staat ein natiirhches Privatrecht, das — als Privatrecht der biirgerlichen Gesellschaft — „ius civile privatum" oder „burgerliches Privatrecht" heifit. Auf dieser Vorstellung und Terminologie beruhen noch Kants Ausfiihrungen oben Fn. 10 und a. a. O. S. 52. Nach demmodernen Verstandnis, fiir das Staat und burgerliche Gesellschaft nicht mehr identisch sind, ware ..civile" mit „staatlich“ zu iibersetzen. G. Achenwall (Fn. 3), Pars Posterior, §208, S. 188—192. Ihm folgen L. J. F. Flopfner, wie Fn. 19; Johann Christian Gottlieb Schaumann: Wissenschaftliches Naturrecht, Halle 1792, §623 Anm., S. 344 ff. Gegen Achenwall hat Gottlieb Hufeland: Lehrsätze des Naturrechts (1790), 2. Ausg. Frankfurt und Leipzig 1795, §§547 ff., S. 268 ff. versucht, das „allgemeine biirgerliche Recht" wieder zu beleben, siehe auch Johann Christoph Hoffbauer: Naturrecht aus dem Begriffe des Rechts entwickelt, Halle 1793, § 579 Anm. 1, S. 272 f.
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