JanSchröder Hände iiber. Aber es bleibt dabei — ebenso wie das materielle Privatrecht — „Privatrecht“:Staatliche Richter, meint Christian Wolff, seien doch nur „gleichsamvon den Oberherrn gesetzte Schiedsmänner“." Ebenso wie das Zwangsvollstreckungs- und Zivilprozefirecht ist schliel^lich auch das Strafrecht fiir die älteren Naturrechtler „Privatrecht“. Allerdings bestand ein Streit dariiber, ob es ein natiirliches Strafrecht des einzelnen Menschen gegeniiber dem anderen gebe (so Grotius, Hobbes und Christian Wolff)oder ob Strafe ein Uber- und Unterordnungsverhältnis voraussetze (so Pufendorf und Thomasius).'^ Aber selbst wenn man dieser engeren Auffassung folgte, wurde dadurch das Strafrecht noch nicht zum „ius publicum". Denn Uberund Unterordnung kommt auch aufierhalb des Staates bei den kleineren Gesellschaften vor. So kann es Strafe geben zwischen Eltern und Kindern,'"* zwischen Herrn und Knecht. Damit bleibt also auch das Strafrecht nach wohl alien Meinungen imBereich des Privatrechts. Die Summe dieser Vorstellungen ist also, dafi es rechtmäfiigen Zwang, Gewait und Uber- und Unterordnung auch aul^erhalb des Staates gibt. Imvorgesellschaftlichen und vorstaatlichen Rechtszustand existiert bereits eine komplette Rechtsordnung, so dafi fiir den Staat nur noch das eigentliche Staatsverfassungsrecht als besonderes „ius publicum" iibrigbleibt. Darin liegt keine Ver182 Siehe unten Fn. 19 und auch noch Immanuel Kant: Die Metaphysik der Sitten, (1. Teil): Metaphysische Anfangsgriinde der Rechtslehre, Königsberg 1797, S. 156. Auch im Staat gibt es Privatrecht, und Recht wird noch nicht dadurch zumöffentlichen Recht, dal? es vomStaat gesetzt wird. Man darf also nicht schon daraus, dal? ein Naturrechtler (auch) in den Abschnitten iiber den Staat ein bestimmtes Rechtsinstitut behandelt, schon auf dessen öffentlichrechtlichen Charakter schliel?en, so aber Eugen Ehrlich (Fn. 2), S. 223 und öfter, der dadurch ein ganz unrichtiges Bild von der Naturrechtstheorie entwirft. " C. Wolff (Fn. 7), § 1029, S. 741. Nach J. G. Daries (Fn. 3), § 795 Corollarium, S. 457 hat das Privatrecht im staatlichen Zustand zwei Teile, nämlich die Rechte selbst und die Art und Weise, wie diese durch die Obrigkeit(!) verfolgt werden können. Siehe auch Johann August Fleinrich Ulrich: Initia philosophiae iusti seu iuris naturae, socialis et gentium, Jena 1783, § 590, S. 399. Flugo Grotius: De iure belli ac pacis libri III (1625), Lib. 2, Cap. 20, §7, Nr. 1; Thomas Hobbes: De cive (1642), Cap. 3, § 18; C. Wolff (Fn. 8), §93, S. 58. Weiterhin D. Nettelbladt (Naturrecht, Fn. 3). Pars III, §393, S. 203 (es gibt ein „ius puniendi connatum"); J. G. Darjes (Fn. 3), §817, S. 468; L. J. F. Höpfner (Fn. 7), § 187, S. 159 f. (Grund des staatlichen Strafrechts ist das Recht des Beleidigten gegen den Beleidiger). Noch 1802 versucht der Hallesche Philosoph Ludwig Heinrich Jakob: Philosophische Rechtslehre oder Naturrecht, 2. Ausg. Halle 1802, §85, S. 43 ein natiirliches Strafrecht des einzelnen Menschen zu begriinden. S. Pufendorf (Fn. 7), Lib. 8, Cap. 3, § 1, S. 1101; C. Thomasius (Fn. 7), Lib. 3, Cap. 7, § 13, S. 412. Auch etwa G. Achenwall/Johann Stephan Putter: Elementa iuris naturae, Göttingen 1750, § 246 Anm., S. 66. Siehe etwa C. Thomasius (En. 7), Lib. 3, Cap. 4, § 47, S. 375. In der oben Fn. 7 zitierten Stelle scheint allerdings Thomasius das Strafrecht ausschliel?lich dem staatlichen Zustand zuzuweisen. Vgl. auch G. Achenwall/J. S. Putter (Fn. 13), die das Strafrecht dem Privatrecht zurechnen (§800 Anm. 2, S. 236), aber andererseits erklären, es setze Uber- und Unterordnung voraus (wde Fn. 13). Konsequenterweise stellt Achenwall es dann im allgemeinen Teil seines Gesellschaftsrechts dar (Fn. 3, Pars Posterior, § 40, S. 30).
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