170 MarieSandström teiwille wurde zur eigentlichen „Seele“ des Vermögensrechts erhoben. Diese Entwicklung ist, nach Nordling, unvermeidlich, und auch „im materielleren Bereich innerhalb des Vermögensrechts sind neue Prinzipien festgelegt, die auf Entwicklung warten. Das Individuum fordert ein bestimmtes Rechtsgebiet und darin einzelne Rechte nicht mehr als Gnadengeschenk, das der Staat, entweder unmittelbar oder durch andere, ihm als Uberlassung reicht, sondern als etwas, das ihm durch ihn selbst zukommt und umseiner Persönlichkeit willen, deren Selbständigkeit zu bewahren die Schuldigkeit des Staates ist. Das römische Recht mufi demgemäfi nach seinen eigenen historischen Voraussetzungen und nicht nach der Wesenslogik des Naturrechts verstanden werden: „Das römische Recht soli nicht als ein zum vollendeten Abschlufi gebrachtes System von abstrakten Rechtssätzen vorgetragen werden, sondern in seiner historischen Entwicklung. Wir werden dann nicht blofi trockene Dogmatik, sondern eine lebendige Wirklichkeit finden. Der Nachteil eines solchen Gedankenganges fällt dem Betrachter allerdings nicht unmittelbar ins Auge. Bei näherem Studiumist jedoch offensichtlich, dafi es durch die abweisende Einstellung Nordlings dem naturrechtlichen Pandektensystem gegeniiber und seine Relativierung der Bedeutung des römischen Rechts als unklar angesehen werden mul^, wozu das Studium des römischen Rechts eigentlich dient. Die juristische Enzyklopädie mufi, um ihre Aufgabe zu erfiillen, iiber das römische Recht hinausgehen;Nordling behauptete sogar, dal? das römische Recht eine schon iiberwundene Entwicklungsstufe in der Rechtsgeschichte repräsentiere.^^ Die Einsicht in die notwendige Veränderlichkeit des Rechts und die damit zusammenhängende Forderung auf juristische — positivrechtliche — Relevanz scheinen eher diejenigen zu stiitzen, die es befiirworten, dal? das Studium des römischen Rechts durch Prozel?spiele ersetzt werden sollte. Eine Disziplin, wie Nordling so nachdriicklich konstatierte, die in so hohem Grade durch Rechtsgrundsätze dargestellt wird, die „dem Leben abgestorben“ sind, diirfte grobe Schwierigkeiten haben, ihren Platz innerhalb einer Berufsausbildung zu verteidigen. Und es war Nordlings feste Uberzeugung, dal? die Existenz der juristischen Theorienbildung jeden Augenblick vom Vermögen ihres Vertreters abhing, die Bedeutung dieses Studiums fiir eine „gute und sichere Rechtsanwendung“ nachzuweisen. Nordhng behauptete allerdings, dal? römischrechtliche Studien nicht als nutzlos angesehen “26 “ 27 A. a. O. S. 711. Siehe auch S. 710, betreffend die Entwicklung des Persönlichkeitsbegrilles. Vgl. mit Wilhelm, Walther, Die Entwicklung der juristischen Methodenlehre im 19. Jahrhundert, S. 72 f. (freie Eiandlungsmöglichkeiten und der Durchbruch des emanzipierten Partnerwillens im deutschen Recht). A. a. O. S. 711. Siehe a. a. O. ibidem. Siehe a. a. O. S. 709 („blofi em Ghed in dieser Entwicklung, in der wir uns auf einem fortgeschritteneren Stadiumbefinden“).
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