RS 19

Das römischerecht-von ratio scripta zu „muster“ und „vorbild“ 169 scheint zu verstehen, was die Naturrechtler dazu verleitete, vom historischen Kontext der Naturrechtsordnung abzusehen. Aber diese äufiere Einheit entsprach nicht immer einemsolchen „inneren Zusammenhang",^"* der es ermöglichen wiirde, die römischen Rechtssätze als in diesemSinne allgemeingiiltig aufzufassen. Nordlings Untersuchung der naturrechtlichen Bearbeitung des römischen Rechts nahm zum Ausgangspunkt die eigenen Kriterien der Naturrechtslehre. Aus dieser Kritik, die gegen das traditionelle Studium des römischen Rechts gerichtet ist, geht jedoch gleichzeitig hervör, daB die Naturrechtslehre ein juristisches Weltbild darstellte, das zu diesemZeitpunkt sowohl sein theologisches als auch sein methodologisches Fundament verloren hatte. Nordling fuhr fort: „Damit haben wir versucht in bestimmten Punkten auf kritischemWege klarzumachen, dafi das römische Recht nicht einmal in vermögensrechtlicher Hinsicht von solchen Grundsätzen geleitet ist, die als allgemein-giiltige Rechtsprinzipien gelten können. Solche sollte man auch auf eine mehr positive Art finden können, wenn man bedenkt, dafi die Vermögensverhältnisse, auch sie, eine Seite des menschlichen Lebens sind, und dafi sie also mitsamt diesem entwickelt werden miissen. « 25 In diesem Stadium der Untersuchung ist es klar, daft Nordling seine Perspektive gewechselt hat. Es ist nicht länger das statische Systemideal der Naturrechtslehre, das im Text zum Ausdruck kommt. Statt dessen ist es durch einen anderen Gesichtspunkt der rechtlichen Systematik ersetzt worden, und die Haltbarkeit der rechtswissenschaftlichen Argumentation mufite danach nach anderen Kriterien als friiher beurteilt werden. Der Ausgangspunkt fiir Nordlings Verteidigung des römischen Rechts wurde von der Einsicht um die Veränderlichkeit des Rechts und grundsätzlichen praktischen Zwecken beherrscht. Die Gefahr, eine Rechtsordnung von den Gesellschaftsverhältnissen, die sie hervorgebracht hat und zu deren Regelung die Rechtsordnung eingesetzt worden ist, geht — nach Nordlings Meinung — aus folgendem Beispiel hervor. Im römischen Recht, und in noch höherem Grad in der naturrechtlichen Bearbeitung des römischrechtlichen Stoffs, erscheinen die Rechtshandlungen einer Person in höhem Ma£e als das Ergebnis seiner gesellschaftlichen Position. Daraus folgt natiirlich, dal? die rechtliche Beurteilung dieser Handlungen und die vorgeschriebenen Rechtsfolgen von den sozialen Eigenschaften der handelnden Person weitgehend abhängig waren. In der Naturrechtslehre wurde dieser Gesichtswinkel zur sog. Statuslehre entwickelt und verfeinert. Als Nordling seine Antrittsvorlesung verfafite, hatte diese Lehre seit langem ihre hauptsächliche Bedeutung verloren und wurde allmählich durch eine der groben juristischen Erneuerungen des 19. Jahrhunderts ersetzt: das freie und abstrakte Rechtssubjekt. Status wurde damit durch freie Handlungsmöglichkeiten ersetzt; der ParA. a. O. S. 709. A. a. O. ibidem.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=