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Wll HELMBrAUNEDER Gemeinwesen keine Revolution. Anders als in Preufien, ebenso aber wie in Frankreich, wurde die Rechtsvereinheitlichung strikter durchgefiihrt, denn wie bier, jedoch imGegensatz zu Preul^en, wurden die lokalen Rechte aufgehoben. Sowohl von Preufien wie von Frankreich unterschied sich die FdabsburgerMonarchie dadurch, dal5 die Rechtsvereinheitlichung wesentlich schwieriger zu erzielen war: Selbst aufierhalb Ungarns gab es zahlreichere und gefestigtere historisch gewachsene Rechtsgebiete. Ihre Unterschiedlichkeit beruhte zum Teil auch auf unterschiedlichen ethnischen Grundlagen: Zur Rechtszersplitterung in den deutschen Gebieten kamen noch die unterschiedlichen polnischen und italienischen Rechtsgebiete hinzu. Wegen dieser umfassenden Problemlage dient die Privatrechtsvereinheitlichung in der Fiabsburger-Monarchie als Beispiel fiir die Rechtsvereinheitlichungsbestrebungen um 1800. Das politische Bediirtnis nach Rechtsvereinheitlichung verband sich mit der Sicht des Naturrechts und seiner Idee eines absolut oder zumindest relativ giiltigen Rechts aufgrund vernunftmäfiiger Prinzipien: Diese wissenschaftliche Position ist bekannt, sie ermöglichte einen einheitlichen Gesetzesinhalt. Herv'orgehoben sei aber eine weitere wissenschaftliche Fiilfestellung, nämlich durch die Gesetzgebungslehre.“ Sie steuerte die Technik der Rechtsvereinheitlichung, sozusagen ihr äufieres Geriist, bei. Die wichtigsten Anforderungen dieser Gesetzgebungslehre erst insbesondere Sonnenfels, sodann Zeiller — zielten ab auf die „Deutlichkeit des Stoffs“, nämlich dessen Systematik, auf die „Deutlichkeit der Sprache“, also die Begrifflichkeit, auf die „Kurze“ des Gesetzestextes zur „Vermeidung alles Uberflussigen“ und schliel^lich auf eine „Einheit des Stils“.^ Im Sinne eines aufgrund von Prinzipien zu konstruierenden Gesetzestextes wurden am Beginn der Gesetzgebungsarbeiten fur das Zivilgesetzbuch sogenannte „Kompilationsgrundsätze“‘* aufgestellt. Im wesentlichen sollten aus alien Landesrechten durch Induktion Fdauptprinzipien gewonnen werden, um von diesen durch Deduktionen die Teilregelungen abzuleiten. Lokalrecht konnte nur beibehalten werden, wenn es mit der typischen Landesverfassung unmittelbar aufs engste verbunden, von ihr nicht zu trennen wäre; im Zweifel sei jedoch der Rechtsvereinheitlichung der Vorrang zu geben. Abweichungen von einem einmal gefundenen Fiauptprinzip galten fiir zulässig, wenn der Zweck der Regelung anders besser erreicht werden könne. Subsidiär zum — 1797 — 1811, in: R. Schulze (Hrsg), Europaische Rechts- und Verfassungsgeschichte ( =Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 3), 1991, 121 ff. ’ Hierzu W. Brauneder, Gesetzeskenntnis und Gesetzessprache in Deutschland von 1750 bis 1850 am Beispiel der Habsburgermonarchie, in: J. Eckert — H. Hattenhauer (Hrsg), Sprache — Recht- Geschichte, 1991, 116 ff. ^ Ebda, 118 ff. ■* Brauneder, Verniiftiges Recht (wie Fn. 1), 130 f.; ders., ABGB (wie Fn. 1), 221. - Text bei P. H. V. Harrasowsky, Der Codex Theresianus und seine Umarbeitungen I, 1883, 16 ff.

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