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Der Naturrechtslehrer als Weltbiirger des Rechts. Rechtseinheit durch Naturrecht? Claes Peterson „so vergessc man nur nicht, dafi gerade das Naturrecht das gliicklichste Erbteil des Juristen ist, das ihn wieder zum Weltbiirger macht, dem man in Osten und Westen die Hand driickt — der unter alien Himmelstrichen, wo gesittete Völker wohnen, Achtung und bleibende Stätte findet, und dal5 ebendasselbe den sichtbarsten Einflufi auf die griindliche Kenntnils der positiven Rechte hat“.' Einleitung Vor der historischen Rechtsschule und der Entstehung der modernen Rechtswissenschaft wurde das Rechtsstudium in Naturrechtslehre und positive Rechtslehre eingeteilt. In der Naturrechtslehre wurde das Naturrecht dargelegt, das auch als „ius necessarium“ charakterisiert wurde, d. h. das notwendige und unveränderliche Recht, das fiir alle Völker und Zeiten bindend war, während das „ius voluntarium“ oder das zufällige und in Zeit und Raumveränderliche Recht das Objekt der positiven Rechtslehre war. Die Aufteilung des Rechts in zwei imVerhältnis zueinander verschiedene Rechtsordnungen griindete sich auf eine Wissenschaftsauffassung, die mit ihren Wurzeln in der aristotelischen Erkenntnislehre normalerweise als Wesensmetaphysik bezeichnet wird.’ Bezeichnend fur die Wesensmetaphysik, die ihren Höhepunkt mit der sogenannten Schulphilosophie des 18. Jahrhunderts erreichte, war eine dualistische Ansicht der Erkenntnis, die in sich eine Aufteilung der Erkenntnis in zwei im Verhältnis zueinander entgegengesetzte Sphären schlofi. Die höhere Erkenntnis oder die Wissenschaft war Erkenntnis aus Grunden und Erkenntnis des Notwendigen, d. h. das was nicht änders sein kann, während die Erkenntnis des Zufälligen und Veränderlichen eine niedrigere Form der Erkenntnis darstellte, die folglich nicht vom Kriterium der Wissenschaft umfafit wurde. ' Nettclbladt, D., Unvorgreifflichc Gedanken von dem heutigen Zustand der burgerlichen und naturlichen Rcchtsgclahrthcit in Deutschland, Halle 1749, S. 23. ^ Kaulbach, E., Phdosophie der Beschreibung, Köln 1968, S. 90.

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