RS 19

Heinz Mohnhaupt 136 1836, Bayern 1837, Hannover 1838 bis Braunschweig 1853.*°^ Einschlägige Bestimmungen des römischen Corpus luris Civilis (C.7.45.13 und D.1.3.38) wurden als Legitimationsgrundlagen fiir die normative Bindungskraft der Urteile bemtiht. Hessen konnte sogar auf alte Bestimmungen von 1746 zuriickgreifen.*°‘’ Die Selbstbindung der Gerichte zum Zwecke der Rechtssicherheit und Einheitlichkeit hatte jedoch gewichtige Probleme aufgeworfen, da sie den Wechsel gerichtlicher Praxis bei Anderung der Rechtsansichten erschwerte. Hier liegt einer der Griinde fiir die Ablehnung eines gewohnheitsrechtlichen Richterrechts durch Savigny und Puchta. Die gleiche Begriindung, richterliches Gewohnheitsrecht könne vomGericht nicht wieder aufgehoben werden und verhindere deshalb die notwendigen Anpassungsaufgaben und Korrekturen durch Rechtsprechung, wird auch noch heute von den Gegnern eines gewohnheitsrechtlichen Richterrechts vertreten.*°^ Savigny hatte mit dem Primat der Rechtswissenschaft zwar auch ein „wissenschaftlich“ anerkanntes Gewohnheitsrecht bejaht,'°^ differenzierte jedoch fiir den Bereich des Gerichtsgebrauchs, dafi dieser auch rechtsirrtiimlich entstanden sein könne, so dal? das »Verlassen der friiher befolgten Regel nicht getadelt werden" könne. In gleicher Weise begriindet Puchta seine Ablehnung einer Normbildung richterlicher Gewohnheiten durch Präjudizien: “Hierzu kommt die Widersinnigkeit, dal? eine Fortsetzung von widerrechtlichen Erkenntnissen zuletzt rechtliche hervorbrächte. Endlich wurden wir hier 107 Ausfiihrlicher Gesetzgebungsiiberblick bei W. Kirchner, Generell bindende Gerichtsentscheidungen im reichsdeutschen und österreichischen Recht (Untersuchungen zur deutsch-österreichischen Rechtsangleichung 8), Leipzig 1932, pp. 16 ss.; cf. auch P. Raisch, Zur Abgrenzung von Gewohnheit und Richterrecht im Zivil- und Handelsrecht, in: Zeitschrift fiir Handelsrecht 150 (1986), pp. 129 s. Cf. Roth/Meibohm, Kurhessisches Privatrecht (Anm.91), p. 99. Diese Begriindung vertreten vor allem H. Going, J. von Staudingers Kommentar zum Biirgerlichen Gesetzbuch mit Einfiihrungsgesetz und Nebengesetzen, Einleitung, 12. Auflage, Berlin 1978, pp. 103 s. (nr. 229); J. Esser, Richterrecht, Gerichtsgebrauch und Gewohnheitsrecht, in: J. Esser und H. Thieme (ed.). Festschrift fiir Fritz v. Hippel, Tiibingen 1967, pp. 95—130 (122); J. Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, 2. Auflage, Tiibingen 1964, pp. 83 s., 283, wo er der Rechtsprechung jede Rechtsquellenqualität abspricht. Anderer Meinung z. B. H. W. Kruse, Das Richterrecht als Rechtsquelle innerstaatlichen Rechts (Recht und Staat in Geschichte und Gegenwart 396), Tiibingen 1971, pp. 15-17, der ausdriicklich auch der Rechtsprechung das Recht einräumt, von eigenen Rechtssätzen abzuweichen; ebenso B. Riithers, Die unbegrenzte Auslegung, Tiibingen 1968, p. 466; J. Schröder, Zur rechtlichen Relevanz der herrschenden Meinung aus historischer Sicht, in: J. F. Baur (ed.). Das Eigentum. Vorträge . . . (1987), Göttingen 1989, p. 146; G. Orru, Das Problem des Richterrechts als Rechtsquelle, in: Zeitschrift fiir Rechtspolitik 22 (1989), pp. 441—444. Zur Beurteilung der Rechtsgeltung der Präjudizien allein unter dem Gesichtspunkt der „Rechtsgleichheit“ cf. St. Smid, Richterliche Rechtserkenntnis (Schriften zumProzessrecht 92), Berlin 1989, p. 76. Savigny, System I (Anm. 101), p. 91. Savigny, System I (Anm. 101), p. 96; cf. auch H. Mohnhaupt, Richter und Rechtsprechung imWerk Savignys, in: W. Wilhelm (ed.): Studien zur europäischen Rechtsgeschichte, Frankfurt a. M. 1972, pp. 243-264 (260 s.). 104 105 106 107

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=