HfinzMohnhaupt Dabei wird nicht nur die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eines Gerichtes, sondern mehrerer Gerichte gefordert, fiir die ein „oberstes Landes-Tribunal vorzugsweise berufen“ sei, „den Gerichtsgebrauch auszubilden, und fest zu begrunden.“*^' Liickenfullung und Interpretation durch die Gerichte fanden jedoch ihre Grenze im Wortlaut des positiven Gesetzes, uber das sich der Richter keinesfalls sollte erheben diirfen. Der Vorrang des Gesetzes mufste immer gewahrt bleiben. Das hieft: “Die Autorität des höchsten Gerichtes kann nicht als eine gesetzliche betrachtet; nur eine morahsche Kraft, nur diejenige Emwirkung, welche der besser Unterrichtete durch das intellektuelle Gewicht seiner Griinde immer und ewig ausiibt, kann semen Ausspriichen verliehen werden."*^’ Das gait jedoch nur fiir das funktionstiichtige Gesetz. Fiir die Fälle des fehlenden oder in seinem Wortlaut unklaren Gesetzes blieben „auctoritas prudentum“, „usus fori“ und „res )udicata“ sowie landesherrliche Reskripte Bestandteile des Rechts, denen „eine bedeutende Stellung unter den Quellen des ungeschriebenen Rechtes" eingeräumt werden konnte.^-’ Fiir diese Auffassung konnten und wurden Bestimmungen aus dem römischen Recht in Anspruch genommen, vor allem D. 1.3.38: „. . . in ambiguitatibus quae ex legibus proficiscuntur consuetudinem aut rerum perpetuo similiter iudicatarum auctoritatem vimlegis optinere debere.“ Das Ziel war, dafi unter Wahrung des gesetzgeberischen Widens bei „dunklen“ und unklaren Gesetzen „ein fester Gerichtsgebranch sich bilden möge und dieser dann zur bindenden Normwerde."*^"* Die Schludfolgerung von der Nahmers lautet: “Der Gerichtsgebrauch ist . . . nothwendig. Er ist nach gemeinem Rechte eine giiltige Norm, jedoch begrenzt durch das Gesetz, beschränkt auf diejenigen Eälle, fiir welche die geschnebenen Gesetze gar keine oder dunkele Bestimmungen enthalten. Es entsteht daher jetzt die Frage: wie der Gerichtsgebrauch sich fest begriinde? Selbstredend kann nur durch öftere Wiederkehr und gleichartige Entscheidung derselben Frage die Praxis sich fest begrtinden. Die Praxis soli jedoch mcht blol? bei Einem Gerichte, sie soli fur alle, demselben untergeordneten Richter begriindet werden. Damit war das Gewohnheitsrecht angesprochen, das den Normcharakter der Rechtsprechung begriinden sollte und konnte. Das „Wechsel-Verhältniss“ zwischen dem „Zustand der Gesetzgebung“ und demnormativen Prä)udizienCharakter gleichlautender Urteile wird durch von der Nahmer sehr klar bezeichnet und herausgestellt: V. d. Nahmer, Abhandlung (Anm. 78), p. 11. V. d. Nahmer, Abhandlung (Anm. 78), p. 13. V. d. Nahmer, Abhandlung (Anm. 78), p. 14. V. d. Nahmer, Abhandlung (Anm. 78), p. 15. V. d. Nahmer, Abhandlung (Anm. 78), p. 18. 132 “85
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