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Heinz Mohnhaupt 126 Das Problem der Regelbildung durch richterliche Spruchpraxis kann unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden. Der rechtstheoretischen, methodischen und normativen Behandlung steht die Analyse des tatsächlichen Befundes^^ mit der Frage gegeniiber, unter welchen realen Bedingungen iiberhaupt eine richterliche Regelbildung stattfindet bzw. die Neigung oder das Bediirfnis wächst, Rechtsprechung durch Kontinuitätsbindung in Regelhaftigkeit iiberzuleiten. Es herrscht heute die Ansicht vor, dafi richterliche Regelbildung ohne „eine angemessene Methode der Regelbildung“ auskommen mufi und deshalb methodisch gesehen — regellos stattfindet . . . bar hier auch ein Theoriedefizit festzustellen ist, so zeigt doch der historische Befund, dafi es rechtstatsächliche Voraussetzungen fiir die richterliche Regelbildung gibt,die imRechtsquellenhaushalt einer Rechtsordnung selber angelegt sind. Dazu gehören unter anderem Existenz und Qualität von Gesetzgebung und Rechtswissenschaft als konkurrierende Rechtsgattungen sowie der Gleichheitsgrundsatz, der seit dem 18. Jahrhundert auch die Rechtsanwendung und Normdurchsetzung anleitet und nur iiber den Regelbegriff einlösbar erscheint.^* Dabei ist zu bedenken, dal? das Recht der Gesetze seinerseits durch die Rechtswissenschaft bearbeitet und vermittelt wird, womit diese Rechtsgattung „Rechtswissenschaft“ zugleich als ein Rechtsquelleneigenschaft konstituierender Theorieproduzent auch fiir die Rechtsprechung in Erscheinung treten kann.^^ Es gibt auch in der neueren Rechtsprechung Beispiele genug dafiir, dal? eine fehlende gesetzliche Regelung durch eine von der Rechtswissenschaft gebildete normative dogmatische Regelung ersetzt wird.^° Die gemeinrechtliche Rechtsquellentheorie hat diese enge Verknupfung von Gesetzgebung, Rechtswissenschaft und Rechtsprechung immer wieder deutlich gemacht. In Puchtas Begriff vom „Juristenrecht“ wird das klar ausgesprochen. Dieser Begriff umfal?t einerseits von der Wissenschaft erzeugtes Recht und andererseits zugleich auch Richterrecht. Puchta erklärt: „Man kann das Recht der Wissenschaft, sofern es in den Juristen und ihrer Thätigkeit zur Erscheinung “57 So unbestreitZum tatsächlichen Aufkommen regelbildender Präjudizien in der jiingsten deutschen Rechtsprechung cf. die Bilanz und Analyse von R. Wagner-Döbler, L. Philipps, Präjudizien in der Rechtsprechung: Statistische Untersuchungen anhand der Zitierpraxis deutscher Gerichte, in: Rechtstheorie 23 (1992), pp. 228-241. Cl. dazu grundsätzlich J. Berkemann, Probleme der Regelbildung in der richterlichen Entscheidungspraxis, in: M. Herberger, U. Neumann, H. Riissmann (ed.), Generalisierung und Individualisierung im Rechtsdenken (Archiv fiir Rechts- und Sozialphilosophie, Beiheft 45), Stuttgart 1992, pp. 7-22 (8, 22). Ahnlich R. Wagner-Döbler, L. Philipps, Präjudizien (Anm. 56), p. 228. Cf. auch G. Ellscheid, Probleme der Regelbildung in der richterlichen Entscheidungspraxis, in: Elerberger, Generalisierung (Anm. 57), pp. 23 s. Cf. dazu in diesem Band auch P. Landau, Rechtswissenschaft als Rechtsquelle in der deutschen Rechtstheorie des 19. Jahrhunderts. Cf. J. Schmidt, Zur Regelbildung in der Dogmatik des Zivilrechts, in: Herberger, Generalisierung (Anm. 57), pp. 200 ss.; cf. ebenfalls dort zumgleichen Thema R. Wiethölter, pp. 226 ss.

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