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Rfchtsfinheit durch rfchtsprfchung? 123 der Provinzialisierung des Rechts mit den bekannten Worten, dalJ die „compatriots ne vivent pas sous la merne loi“ und dafi man auf der Reise durch das Land an jeder Poststation mit den Pferden zugleich auch das Recht wechsle.^*^ Justus Möser'*° kniipft ganz ohne Ironie an dieses Wort an und vertritt mit sehr viel Ernst den Gegenstandpunkt — nicht als „Weltburger des Rechts“, sondern als selbstbewufiter Burger seiner eigenständigen Landschaft: “Sie wollten wohl alles mit gedruckten Verordnungen fassen, und nachdem Voltaire es einmal lächerlich gefunden hat, daB jemand seinen Procels nach den Rechten eines Dorfs verlohr, den er nach der Sitte eines nahe dabey liegenden gewonnen haben wiarde, keine andere als allgemeine Gesetzbiicher dulden . . . Moser fährt dann fort: “Voltaire hätte nicht nöthig gchabt, die Verschiedenheit der Rechte in zween nahegelegenen Dörfern lächerlich zu linden; er hätte dieselbe Verschiedenheit in zween unter einem Dache lebenden Familien linden können, wovon das Haupt der einen niit seiner Frau in Gemeinschalt lebt, das andere aber nicbt/"*’ u41 Fiir Moser zeigt sich der „wahre Plan der Natur“ im „Reichthum. . . der Mannigfaltigkeit**/’ Die „allgemeinen Gesetze“ sind fur ihn „Eingriffe in die menschliche Vernunft, Zerstörungen des Privateigenthums und Verletzungen der Freyheit. Die philosophischen Theorien untergraben alle urspriinglichen Contrakte, alle Privilegien und Freyheiten . . indemsie die Pflichten . . . unci iiberhaupt alle gesellschaftlichen Rechte, aus emem einzigen Grundsatze ableiten . . . “44 Moser definiert seine Position im Spannungsverhältnis zwischen Volksgcistichre. Gesetzgcbungs- und Rechtsquellenthcorie ini 17. und 18. Jahrhundert, In: SZGerm 109 (1992), pp. 1^7 (22-23). Voltaire, Dialogues et anecdotes philosophiques (Edition Gamier I reres), Paris 1966, pp. 10s.: „. . . et n’est-ce pas une chose absurde et allreuse que ce qui est vrai dans tin village se trouve faux dans un autre? Par quelle étrange barbarie se peut-il que des compatriotes ne vivent pas sous la meme loi? . . . 11 en est ainsi de poste en poste dans le royaume; vous changez de jurisprudence en changeant de chevaux." Cl. auch H. Kötz, Rechtsvereinheitlichung - Niitzen, Kosten, Methoden, Ziele, in: Rabels Zeitschrilt 50 (1986), p. 1. Zur umtassenden Interpretation seines Werkes zuletzt: J. Schroder, Justus Moser als Jurist. Zur Staats- und Rechtslehre in den Patriotischen Phantasien und in der Osnabriickischen Geschichte (Osnabriicker Rechtswissenschaftliche Ahhandlungen 3), Köln (u. a.) 1986, besonders pp. 29 ss.; cl. auch J. Riickert, Histone und Jurisprudenz bei Justus Moser, in: M. Stolleis (ed.). Die Bedeutung der Wörter, l estschrift fiir Sten Gagner ziim 70. Geburtstag, Miinchen 1991, pp. .137381. ■*' J. Moser, Der jetzige Hang zu allgememen Gesetzen und Verordnungen,ist der gemeynen f-reyheit gelahrlich,in: J. Moser, Patriotische Phantasien, 2. Theil, 2. Aufl., Berlin 1778, p. 13. ■*’ Moser, Hang zu allgemeinen Gesetzen (Anm. 41), p. 18; cl. auch Mohnhaupt, Untersuchungen (Anni. 15), pp. 106 s.; Schroder, Justus Moser (Anm. 40), pp. 57 s.; Schroder, Vorgeschichte (Anm. 38), pp. 28-32. Zur Erage, ob die territoriale „Allgemeinheit" der Geset/e eine eigenstandige Kategorie der „Gesetzesallgemeinheit“ darstellt, cl. Hofmann, Postulat (Anm. 29), p. 37. ■*' Moser, Hang zu allgememen Gesetzen (Anm. 41), p. 13, Moser, Hang zu allgemeinen Gesetzen (Anm. 41), p. 18.

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