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Dik RKCHTSQUKLLF.NLKHRF in [)FR dfutschfn rfchtswissfnschaft ... 87 einem systematisch gegliederten Recht nur imRahmen der Rechtswissenschaft möglich ist. Damit kommt aber Goings Begriff des Richterrechts der Auffassung des 19. Jahrhunderts von einemwissenschaftlichen Recht zumindestens sehr nahe, wie auch der Begriff der „persuasive authority“ nur dann als anwendbar erscheint, wenn es einen Bezugsrahmen von Rechtsiiberzeugungen der Gemeinschaft gibt, letztlich den „Volksgeist“.^** Im anderen Grobkommentar zum BGB, dem Miinchener Kommentar, hat FranzJiirgen Säcker die Einfuhrung und damit auch die Darstellung der Rechtsquellen ubernommen. Säcker geht von einer sog. Realdiagnose aus, wonach es als Quellen des positiven Rechts nur Gesetzes- und Richterrecht gebe, die faktisch nebeneinander bestehen; Gesetzgeber und Richter seien die einzigen kompetenten Instanzen zur Bildung von Recht.Eine nähere Bestimmung der Geltungskraft und der Entstehungsbestimmungen von Richterrecht wird von Säcker nicht versucht, so dal? man wohl sagen mufi, dafi fiir diesen Autor Richterrecht mehr als „persuasive authority" hat; der Rechtswissenschaft wird hier nicht die Möglichkeit eingeräumt, eine richterliche Neuschöpfung als richtig oder falsch zu beurteilen; sie hat nur die Möglichkeit, vom „Wert“ des Ergebnisses her Kritik zu iiben. Fiir Säcker kann folglich Richterrecht kein wissenschaftliches Recht sein; es gibt keine legitime Rolle der Dogmatik in der Rechtsfortbildung, sondern nur rechtspolitische Empfehlungen in der rechtswissenschaftlichen Diskussion.Abgesehen von ihrer rechtspolitischen Rolle versieht die Rechtswissenschaft hier „eigentlich nur Schreibersdienst bey demGerichtsgebrauch",^' um einen Satz von Savigny in seiner Schrift „Vom Beruf“ aufzugreifen. Nehmen wir die beiden Positionen dieser BGB-Kommentare als repräsentativ. Going bci Staudingcr/Coing (wie Anm. 65), Rdz. 228—229 (S. 103 f.), wendet sich dagegen, das Phanomcn des Richterrechts dem Gewohnheitsrecht einzuordnen. Er sieht allerdings im Gewohnheitsrecht einen kulturwissenschaftlichen Typenhegriff, inshesondere friiher Rechtskulturen, was gerade dem Gewohnheitsrechtshegriff der historischen Schule nicht entspricht. Eine Distinktion innerhalh des Richterrechts im Sinne getrennter Bereiche von Gewohnheitsrecht und wissen- .schaftlichem Recht imSinne der historischen Schule wird von ihm nicht erwogen. Miinchener Kommentar zum Biirgerlichen Gesetzbuch, Bd. 1, 2. Aufl. Miinchen 1984, EinFranz Jurgen Säcker, Rdz. 60 ff. (S. 27 ft.) und 86 (S. 36). In Rdz. 68 f. (S. 30 f.) stellt leitung von Säcker Puchtas Rechtsquellenlehre unzutreffend dar, indemer davon ausgeht, daft jener eine fiktive Ahleitung des wissenschaftlichen Rechts aus dem Volksgewohnheitsrecht vertreten habe und ausgerechnet aufgrund der Kritik Beselers von dieser Doktrin abgekommen sei. Hier wird u. a. iibersehen, dafi Bd. II des „Gewohnheitsrechts“ von Puchta fiinf Jahre vor Beselers Schrift „Volksrecht und Juristenrecht" erschien. Die ganze Darstellung der Entwicklung der Rechtsquellenlehre des 19. Jahrhunderts in Rdz. 68-80 bei Säcker halte ich fur unzutreffend. Säcker a. a. O., Rdz. 87 (S. 36 f.): Rechtswissenschaft könne nur sicherstellen, dafi das um eine angemessene Problemlösung bemiihte Urteil mit den Wertentscheidungen der Rechtsordnung verträglich sei. Friedrich Carl v. Savigny, Vom Beruf unserer Zeit fur Gesetzgebung und Rechtswissenschaft, Heidelberg 1814, S. 79. 7

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