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28 tion war: Das Recht miisse berechenbar bleiben und durfe daher weder vom Monarchen willkurlich geändert noch von den Gerichten willkiirlichangewendet werden. In einer Remonstranz vom9. April 1753 heifit es dazu, nachdem das Parlament dargelegt hatte, dal? König und Volk untrennbar und ihre Interessen wechselseitig seien:^° „Die Gesetze sind die geheiligte Verkniipfung und wie das Siegel dieser unauflöslichen gegenseitigen Verpflichtung. Der König, der Staat und das Gesetz bilden ein untrennbares Ganzes. Den Thron der Könige zu festigen und ihre Souveränität unverletzbar zu machen, Unterordnung und Ruhe unter den Untertanen aufrechtzuerhalten, deren Rechte und legitime Freiheit abzusichern, mit einemWort, einen Staat unsterblich zu machen, furchtbar nach au{?en, gliicklich im Innern, genau dies sind die Friichte einer exakten Beobachtung der Gesetze. Niemals hat man in den Staaten Revolutionen gesehen, die nicht durch eine Zerriittung der Gesetze vorbereitet worden wären. Wie es kein wesentlicheres Prinzip gibt. Sire, gibt es auch keines von allgemeinerer Anerkennung. Politiker, Rechtsgelehrte, Magistrate, selbst Souveräne, sie alle haben ihre Vorstellung von einem bliihenden Königreich einzig und allein durch die ,Verbindung‘ sowohl des Gehorsams der Untertanen gegeniiber demSouveran als auch dem des Souverans gegeniiber demGesetz gebildet." König Ludwig XV. verweigerte nicht nur die Annahme dieser Remonstranz, deren Maximen die Absolutheit seiner Herrschaft bestritten, sondern er liefi auch die auf ihrer Meinung beharrenden Parlamentsrichter verhaften und teils in feme Provinzen ins Exil verbannen.^' In den von mir zitierten Sätzen aus der Remonstranz von 1753 kommt das Grundsätzliche des Konfliktes zwischen absolutem Herrscher und Gericht iiber die Rolle des Gesetzes sehr deutlich zumAusdruck. Während dieJuristen die Gesetze als sichere und feste Grundlage jedes Staatswesens ansahen, die auch der König beachten mufite, wollte der absolute Monarch sich nicht in dieser Weise die Hände binden lassen. Zumindest wollte er in der Lage sein, die Normen nach seinen Bediirfnissen ändern zu können, während die Richter meinten, dafi auch dies nicht gehe, ohne das Vertrauen in die Krone und den Staat zu erschiittern. Die Organisation des Parlement de Paris differenzierte sich im Laufe seiner Geschichte. Anfänglich gab es nur die Grand’Chambre, vor der alle Prozesse in miindlichemVerfahren verhandelt wurden. BeimUbergang zur Schriftlichkeit des Verfahrens wuchs auch die Zahl der Beweiserhebungen. Da diese nicht alle vor der Grand’Chambre durchgefiihrt werden konnten, wurden zunehmend einzelne Richter damit beauftragt. Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts wurden diese „reportatores inquestarum“ zusammengefafit in einem besonderen Senat, der „Chambre des Enquetes“.^^ Die Vergröfierung des Königsgebietes im Spätmittelalter und die in gleicher Zeit zunehmende Prozel?ifrequenz Schmale (Anm. 38) S. 44 f, 45. Schmale (Anm. 58) S. 44, 45 f. Walter (Anm. 51) S. 19.

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