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Die höchste Gerichtsbarkeit in England, Frankreich und Deutschland zwischen Absolutismus und Aufklärung Von Professor BERNHARD DIESTELKAMP Johann Wolfgang Goethe Universitat, Frankfurt am Main 1. Einleitung Ubereinstimmend gilt imganzen mittelalterlichen Europa als vornehmste Aufgabe der Könige, in ihren Reichen Frieden und Recht zu wahren.' Sie waren die obersten Richter in ihrem Reich, was sich, institutionell höchst unterschiedlich auswirken konnte. Dabei war die theoretische Ausgangsposition völlig gleich. In alien drei untersuchten Ländern gait jegliche Gerichtsbarkeit im Lande als vom König abgeleitet.^ Er war die Quelle aller Justizhoheit, also auch derjenigen der Feudalgewalten. Von dieser gleichartigen Ausgangsposition aus entwickelten sich in England, Frankreich und Deutschland jedoch sehr verschiedene Justizsysteme, in denen die Königsgerichtsbarkeit eine sehr unterschiedliche Position besafi. Doch nicht nur darin unterscheiden sich die in meinem Thema zum Vergleich gestellten Objekte. Sondern auch ftir die Begriffe des „Absolutismus“ und der „Aufklärung“ hat die moderne Forschung herausgearbeitet, dafi es zwar gesamteuropäische Grundtendenzen absolutistischer oder aufklärerischer Art gibt, daft aber die Ausformungen in den einzelnen Staaten Europas sehr unterschiedlich waren.^ Französischer und englischer Absolutismus sind nicht identisch. Und in Deutschland hat es zumindest auf der Reichsebene niemals einen wirklichen Absolutismus gegeben, weil die deutschen Herrscher bis zum Ende des Reiches an die Mitwirkung der Reichsstände gebunden waren.'* In ' Vgl. Hans Boldt, Deutsche Verfassungsgeschichte, Bd. /, Von den Anfängen bis zum Ende des alteren deutschen Reiches 1806, dtv wissenschaft 1984, S. 48 ff., J. H. Baker, An Introduction to English Legal History, London 1971, S. 19. ’ Vgl. fiir Deutschland: Hermann Conrad, Deutsche Rechtsgeschichte Bd. I, 2. Aufl. 1962, S. 93, 213, 145 f., 378 f.; Heinrich Mitteis-Heinz Lieberich, Deutsche Rechtsgeschichte, 18. Aufl. 1988, S. 190 f., 250 ff. Heinz Duchhardt, Das Zeitalter des Absolutismus, Oldenbourg Grundrifi der Geschichte Bd. 11, 1989, S. 99 ff., 117ff. ■* Diese Aussage bleibt auch richtig, obwohl in der Bezeichnung Kaiser Leopolds 1. gegen Ende des 17. Jahrhunderts als „Monarque souverain de I’Empire", (Duchhardt, Anm. 3, S. 31) etwas anderes anzuklingen scheint.

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