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88 Republik von 1798*^ und des Königreichs Westfalen von 1810,'^ aber auch von den realistischen und langlebigen Verfassungen von Schweden aus dem Jahr 1809 und Norwegen von 1814. In Deutschland gibt es nicht nur zeitliche, sondern auch geographische Verschiebungen von Siid nach Nord. Eine Revolution, vergleichbar der französischen, hatte in Deutschland bekanntlich nicht stattgefunden. Die Bahn fiir neue Verfassungen wurde erst mit demZusammenbruch des alten Reiches und der Griindung des Rheinbundes 1806 frei. Die damals entstandenen Verfassungen oder „Verfassungsskizzen“ wurden aber wegen der napoleonischen Kriege nicht wirksam. Erst mit dem Wiener Kongreft und der Bundesakte (Art. 13) kam die Bewegung wieder in Gang, allerdings jetzt schon ohne echte Mitwirkung des Volkes. Die Freiwilligen, die mit Begeisterung in die Freiheitskriege gezogen waren, hatten sich einen liberalen Nationalstaat und die Abschaffung des kleinstaatlichen Absolutismus erhofft. Als sie zuriickkehrten, hatten sich die alten Mächte wieder regeneriert und waren entschlossen, nicht nur alle republikanischen und demokratischen Gedanken als „jakobinisch“ zu unterdrucken, sondern auch echte Nationalrepräsentationen im Rahmen konstitutioneller Monarchien möglichst zu verhindern. Mit Nachdruck wurde deshalb das „monarchische Prinzip" beschworen.'^ Die Enttäuschung der politisch aktiven Bevölkerung war daher grofi, insbesondere dort, wo Verfassungsversprechen gegeben worden waren, die jetzt nicht mehr eingehalten wurden, etwa in Preul^en. Die deutsche Entwicklung verläuft deshalb stockend, stets untei Pressionen und, wie gesagt, von Siiden nach Norden. Bayern und Baden beginnen 1818, Wiirttemberg folgt 1819, Hessen-Darmstadt 1820. Damit ist die Bereitschaft der Regierungen schon erschöpft. Aufgrund der Karlsbader Beschliisse setzen iiberall Verfolgungen von Oppositionellen ein. Liberale werden entlassen, an eine Verwirklichung von „Verfassungsidealen“ ist vorerst nicht zu denken. Erst dieJulirevolution von 1830 setzt wieder entsprechende Energien frei. Nun erhalten Kurhessen und Sachsen ihre Verfassungen (1831), kurz darauf Hannover (1833), das aber schon 1837 wieder staatsstreichartig zu einem Neo-Absolutismus zuriickkehrt.'^ Der allgemeine Protest hiergegen bleibt ohnmächtig. Erst recht lassen sich die gröfieren Mächte Preufien und Osterreich in diesen Jahren nicht zu Verfassungen nötigen. Erst nach den Verwirrungen der Jahre 1848/49 werden Verfassungen oktroiert, die allerdings von den urspriinglichen „Verfassungsidealen“ weit entfernt sind. K. F. Bauer, Der französische Einflufl auf die Batavische und die Helvetische Vcrfussung des Jahres 1798. Fin Beitrag zurfranzösischen Verfassungsgeschichte^ Diss. |ur. Erlangen 1962. H. Berding, Napoleonische Herrschafts- und Gesellschaftspolitik im Königreich Westfalen 1807-1813, Göttingen 1973. M. Stolleis, (Anm. 13), 72 tf. G. Dilcher, Der Protest der Göttinger Siehen. Zur Rolle von Recht und Ethik, Politik und Geschichte irn Hannoverschen Verfassungskonflikt, Hannover 1988.

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