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Einige Gesichtspunkte zumEinfluE des Gebots der christlichen Nächstenliebe auf das Strafrecht des 17. und 18. Jahrhunderts in Alteuropa Bo H. Lindberg In einem Artikel der Zeitschrift fiir Theologie und Philosophie behandelte Bruno Schiiler imJahre 1983 die Schwierigkeiten der heutigen Zeit, den Begriff der Tugend als ethisches und soziales Phänomen zu begreifen und zu wiirdigen. Schon lange vor ihm, imJahre 1919, hatte Max Scheler in einem Aufsatz mit dem Titel „zur Rehabilitierung der Tugend” dasselbe Problem aufgegriffen.' Schiiler und Scheler weisen beide darauf hin, daf^ man in unserer Zeit fast reflexmäf?ig schnell und mit Skepsis von dem Wert eines Systems der Tugenden und der Möglichkeit seiner Anwendung Abstand nimmt. Wir haben gute Griinde anzunehmen, dafi diese möderne Einstellung gleichermafien unseren Zugang zu den Gedankengängen einer älteren Zeit erschwert. Aus diesen Grunden nimmt wahrscheinlich Otto Brunner in seinem Buch ,,Adeliges Landleben und europäischer Geist” geradezu eine Verteidigungsposition ein, wenn er die alte Gesellschaftsform von der Perspektive des Landadels aus darstellen will. Klassische Bildung, klassisches Landleben und der normativ-idealistische Begriff der Tugend, ,,virtus”, waren in der damaligen Gesellschaft von zentraler Bedeutung. Diesem Begriff der Tugend, der fiir die möderne Zeit wohl in erster Linie leere Rhetorik und scholastische Begriffsklauberei symbolisiert, kam in der alten Gesellschaft als ethischem Systemein so hoher Rang zu, daB die pädagogischen Schriften damals seine grofie Bedeutung bei jeder Gelegenheit betont haben. Vor allem die sogenannten Furstenspiegel, die wichtigsten Darstellungen jener Zeit zur Erziehung der Oberschicht, zeugen von der Bedeutung, die man dem Begriff der Tugend beimafi. Grundlagen dieser Wertungen diirften teils eine anthropologische Auffassung des Menschen, teils ein theologisches Weltbild gewesen sein, die wir heute beide nicht mehr teilen. Mir scheint indessen, daft auch das altständische Strafrechtssystem uns nur ' „Zu den Schwierigkeiten die Tugend zu rehabilitieren” in: Bd. 58 (1983); ,,Zur Rehabilitierung der Tugend” in: VomUmsturz der Werte. 4. Aufl. Bern 1955.

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