75 Verfiigen, dafi das inzwischen unakzeptable und unakzeptierte Prinzip der Eigentumsteilung akzeptabel machen sollte. Wenn jemand meint, wir wurden diesen analytischen Eingriff vibertreiben und zuviel hincinlesen wollen, kommt uns die systematische Ordnung des Gesetzbuchs selbst zu Hilfe, von der mehr als eine Bestätigung ausgeht. Nehmen wir die Uberschrift des zweiten Buches: „Von den Giitern und den verschiedenen Modifikationen des Eigentums“, wo das Thema des Eigentums und der Nutzniebung, des Gebrauchsvorteils und der verschiedenen Typen der Grunddienstbarkeiten inbegriffen sind. Es erscheint, zumindest auf der systematischen Ebene, ein ehemaliger Begriff der Dienstbarkeit als ,Modifikation des Eigentums‘. Windscheid käme es niemals in den Sinn an eine Eigentumsmodifikation als Folge eines beschränkten dinglichen Rechtes zu denken. Das beschränkte dingliche Recht, als dingliches Recht mit einem engen Typenzwang und in reduzierter Nummer, ist als etwas dem EigentumFremdes gedacht und konstruiert, was von Auben die Wirksamkeit konditionieren und komprimieren kann, aber niemals auf die Struktur einwirkt oder sie modifiziert. Die Idee der Modifikation, die die Struktur betrifft, beruft hingegen jene eines dinglichen Rechts, das sich vom einheitlichen aber zusammengefiigten Gewebe des Eigentums ablest, und mit dieser Ablösung modifiziert es das Gewebe selbst. Auch bier ist der Palimpsest deutlich. Was wollen wir also sagen? Dab der Code civil ein Werk antiken Regimes ist? Sicher nicht. Wir wollen lediglich feststellen, dab unter dem Wehen neuer Fahnen die alte juristische Mentalitat, in einer bestimmten Konstruktion des Rechtssystems verkörpert, noch nicht ganz ausradiert ist und disharmonisch mit der neuen 89er Ideologie, von der das Gesetzbuch offenkundiger Träger ist, zusammenlebt, vielleicht mehr auf der fur die Mentalitat typischen unbewubten Ebene. Schhelslich zeigen die alten Konstruktions- und Interpretationsschemen, die alten technischen Werkzeuge ihre auberordentlich enge Verbindung mit den Knochen und Herzen dieser Homines novi, und das System des kodifizierten Rechts zeigt einige bedeutungsvolle Fehler, einige nicht zu leugnende Inkoherenzen. Dab diese mehrschichtige Lektiire des Gesetzbuchs nicht nur die Frucht eines schlauen Blenders ist, sondern mit der Pluralität der französischen Wissenschaftsdimension der ersten Jahre des 19. Jhdts korrespondiert, wird auch von einemsummarischen Blick auf diesen reichen Chor vonJuristen, die unter dem Schirm des Gesetzbuchs leben und kennzeichnend sind fiir die juristische Kultur, die es produziert und geformt hat, bestätigt. Die französische Schule der Exegese fährt in seiner bestimmen Dauer von Delvincourt bis Laurent fort, die Doppeldeutigkeit der beiden sich bekämpfenden Ebenen herauszustellen, jene der programmatischen Erklarungen und jene der juristischen Technik. Wie wir bereits an anderer Stelle angedeutet haben,"**^ gelingt es der Ideologie Vergl. Tradizioni e modelli nella .sistomazione posr-unitaria della proprieta, in: Quadorni fiorentini per la storia del pensiero ^iuridico moderno, 5'6, (1976/77) S. 216 ft. u. 223 ff.
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