59 Das dominium utile ist an erster Stelle die Ubersetzung einer Mentalität in juristische Begriffe. Es ist die Mentalität des Vorrangs des Effektiven, die Besitzermentalität des Friihmittelalters, die noch immer als herrische materielle Konstitution der Kommentatoren und Glossatorenwelt dominiert. Dartiber hinaus, im Hintergrund, haben wir ein Agrarmodell und kein Biirgermodell des dominium^ in dem das romanistische Prinzip (in demwir Eigentumnur in der Beziehung zwischen Subjekt und einer res corporalis haben) sich defacto in der Beziehung zwischen Subjekt und Scholle zu spezifizieren scheint: resfrugifera par excellence und Quelle jeder utilitas. Obwohl es auf die verschiedensten Immobilien anwendbar ist, beruft das dominium utile doch hauptsächlich eine Agrarlandschaft, die dicht mit landwirtschaftlichen Konzessionen besetzt ist, die mit einer starken Dialektik zwischen demTräger der formålen Stellung des Eigentums und demAusiiber-Verwaiter des Agrarunternehmens auf das Gut belegt ist. Man wird sagen: aber warum diese (fiir einige schleierhafte) Ebene der Mentalität bemiihen und sich nicht lieber bei der konkreten und diskreten Analyse eines Spiels zwischen Struktur und juristischer Formaufhalten? Es ist das technische Resultat der Tatsache, die Situationen des Konzessionärs im dominium utile aufgelöst zu haben, die uns davon iiberzeugt. Die von den Strukturen ausgehende Spannung kann die Aufmerksamkeit der Ordnung vom katastalen Eigner zum Konzessionär verschieben und die Machtzunahme des einen in Beziehung zum anderen determinieren. Daft jedoch diese zugeteilte Machtskala, die im Gebiet einer Ordnung, die als oberstes technisches Modell das dominium, einen Eigentumsinhalt, vorschlägt und der Aufstellung eines konkurrierenden dominiumzustimmt, auftaucht, ist ein Umstand, der sich aus inneren Motiven des Rechtsuniversums und der darin zirkulierenden Sicherheiten motiviert, auch wenn es sich sofort nach seinem Auftauchen auf die äufiere Seite der Strukturen niederschlägt. Die Machtskala wird nur dominium, wenn sie sich in die zirkulierende juristische Mentalität einfiigt. 11.) So eine Argumentation legitimiert sich aus der Prämisse, daft das dominium utile in das tiefste, innerste Gebiet der Zugehörigkeit eingedrungen ist und ein Eigentum darstellt. Es wird nicht schlecht sein, sich ein wenig bei einem so qualifizierenden Punkt zur Räumung weiterer Miftverständnisse auf unseremWeg aufzuhalten. Wir deuten als erstes — aber nur fliichtig und einiger Skrupel wegen — ein mögliches terminologisches Mifiverständnis an. In letzter Zeit hat manch einer mit pseudo-konsequentem Ubereifer vorgeschlagen, den Terminus Eigentum nur auf das moderne Eigentumzu beschränken und es den verschiedenen For- ” Vergl. J. Le Goff, La mentalita: una storia ambigua, in: Fare storia, herausgegeben vonJ. Le Goff und P. Nora, Turin 1974.
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