57 oft nichts anderes ist, als ein in die Wand gehauener Nagel, an den ein langer und im wesentlichen autonomer Faden wie an einen Fixpunkt gekniipft wird. Das dominiumutile ist die Frucht dieser nunmehr nicht wegzudenkenden Vermischung zwischen der Ebene der Effektivität und jener der Giiltigkeit, sie ist das Zusammenspiel friihmittelalterlicher Sicherheiten, die in termini des dominium romanistisch iiberdeckt sind. Wo das dominium verraten und eingezwängt wird, um das zu erhalten, was die Ordnung amdringendsten wiinscht, und zwar die Schöpfung effektiver Situationen des Genusses und der Ausiibung zur eifersiichtigen Sphäre des Dinglichen. Und dann hat der Begriff des dominiumutile seine Geschichte und Friihgeschichte: förmlich wird es als verantwortungsbewufite Erfindung der jurist!- schen Wissenschaft der Glossatoren geboren, in der Substanz lebt es bereits in den Intuitionen der fruhmittelalterlichen Praxis, wenn auch in einemkulturellen Universum erlebt und gedacht, in dem das dominium sicherlich nicht die Rolle des wichtigsten Interpretationsschemas der Realität innehatte. Wichtig ist zur Kenntnis zu nehmen, daft die aufgezeigte Aufmerksamkeitsverschiebung der Ordnung von der formålen Stellung zur Ausiibung mit der daraus resultierenden sozialen und juristischen Anschwellung ökonomischer Fakten, die zuvor ungenannt und ungeschiitzt waren, in jahrhundertelanger Vertiefung Mentalitat geworden ist, und dafi der neue Jurist, kaumzeigt er sich - mit dem 12. Jhdt. —als Wissenschaftler, das Bediirfnis verspiirt, diese Mentalitat adäquat zu pflegen, indem er ihr die einzige kulturelle Waffe erwiesener Stärke gibt, d.h. sie in pseudoromanistischen Termini iiberdeckt. Die Fakten sind fiir ihn sogar so wichtig, haben fiir ihn eine so normative Ladung, daft sie nicht zur Adelung einer generellen Dinglichkeit, sondern zumallerhöchsten Gipfel des dominium aufsteigen, sie dringen ins Herz der Eigentumsidee ein, wo sie nattirlich den Bruch der antiken Einheitszugehörigkeit provozieren und eine erneute Benennung der Zugehörigkeit vorschlagen: wenn die Weltanschauung ins Prisma des Eigentums zuriickkehrt, können und miissen die Fakten in Bezug zum,utilitas‘ ein Eigentumdarstellen. Ein Punkt ist noch einmal zu unterstreichen um Zweideutigkeiten zu vermeiden: die Theorien vom dominium utile (und daraus folgend, des geteilten Eigentums) ist keine Elfenbeinturmwissenschaft oder ein unschuldiges Spiel eines Alchimisten, das sich im verschlossenen Laboratorium erschöpft, noch ist sein Produkt ein flatus vocis oder eine Blumendekoration. Es ist vielmehr der präpotente Eintritt einer tiefen Mentalitat in das Gewebe einer juristischen Tradition, die soweit kommt, diese zu beherrschen und zu verdrehen. Das dominium utile, im Extrem des Erkenntnisfortschritts der Juristen ist, mehr als technisches Mittel, ein anthropologisches Schema mit zwei essentiellen Bedeutungen. An erster Stelle, wie jede Theorie des geteilten Eigentums, zeugt sie von einem System dinglicher Rechte, das von den Dingen ausgeht, niemals den
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