54 nicht mit Miihe gezeichnet, normative Fakten voll von ökonomischen Inhalten, die aus dieser präpotenten Wirtschaftlichkeit ihre Normativität ziehen. Gebrauch, Ausiibung, Genufi sind die Situationen, die mit ihrer Körperlichkeit dem Verhältnis zwischen Mensch und Dingen, seiner Vermischung und seinem Leben mit ihnen lebendigen Ausdruck geben. Und die Ordnung ist davon beeinflufit, in einer vielleicht unscharfen Weise, aber mit totaler Anpassung, ohne strenge und klare Konstruktionen. Was in dieser juristischen Landschaft, in der die Fakten dominieren, zählt, ist sicherlich ihr immer intensiveres Flervortreten, ihr Anschwellen auf der Ebene des Rechts. Gestern noch gebunden im Limbus der Irrelevanz, begniigen sie sich gegenwärtig schon nicht mehr das Biirgerrecht zwischen den respektierten und beachteten formae iuris erhalten zu haben, sondern bekommen Zutritt zumjuristischen Heiligtum der dinglichen Situationen, das bedeutet im verstecktesten und eifersiichtig bewahrten Territorium, zu demnur die Mentalität einen Schliissel bietet. Äufierer Schein, Gebrauch, GenuB, Ausiibung, gestern noch dem täglichen und voriibergehenden angehörend, denen es nur in Ausnahmefällen gelang den Monolithen der klassischen Ordnung, zementiert und befestigt mit Giiltigkeit, anzuritzen, werden imOkzident des Friihmittelalters vom4. Jhdt an, allmählich von den äufiersten provinziellen Gebieten ausgehend und später iiberall. Quelle und Substanz einer Vielzahl von atypischen juristischen und strukturell wenig definierten Ordnungen, unmittelbarer Ausdruck struktureller Kräfte, die aber alle von einer intensiven Verwurzelung mit dem Realen gekennzeichnet sind, also alle - nur zum besseren Verständnis — iura in re, zugelassen zumAufteilen der Uberreste des alten dominium. Nur zumbesseren Verständnis benutzen wir eine lockere und banale Terminologie, die, erklart romanistisch, zumpunktualisieren einer sowenig romanistischen und „Eigentums-Kultur“ unbefriedigend ist. Fiir uns, die wir noch von der hemmenden jusromanistischen Interpretation der sozialen Welt gebrandmarkt sind, hat die Nutzung einer solchen Terminologie die Funktion zu unterstreichen, daB die neuen faktualen Situationen sich nicht auBer-sondern innerhalb der Dimension des Dinglichen ansiedeln, die wir noch immer in Eigentumund dingliche Rechte zerlegt denken. Aber dies ist - sagen wir es ruhig im selben Moment in dem wir es als Instrument benutzen — eine unkorrekte Sprache und noch mehr ein unkorrektes Verhalten des dahinterstehenden Gedankens, der einen verschiedenen und weitentfernten Planeten im engen und unhistorischen Ärmel dessen schematisiert und reduziert, was uns kulturell geläufig ist. So wie es unkorrekt wäre, die gen'ere-vestitura als dingliches Recht zu denken, während sie sich, jenseits individualistischer Zeichnungen, in einem objektiven Fakt löst (der Schein, Nutzung, Genufi und Ausiibung zusammen ist), der in der Sache wurzelt, weil mit Effektivität ausgestattet und darum auch von der Ordnung effektiv geschiitzt. Das ,Dingliche' artikuliert sich hier im weitesten Sinne als Besitz-Ordnungen, als Ausdriicke einer Besitz-Zivilisation,
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