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42 Ohne den Rest aus den Augen zu verlieren, mufi man den historisch-juristischen Diskurs auf einen autonomen Beobachtungsstand fundieren und zentrieren, der diese Grammatik hervorhebt und hauptsächlich jene Quellen, die vollständig in der Lage sind die besondere Erkenntnisannäherung an die Realität und daraus das konstruktive Element, dal? das Recht formt, auszudriicken. Darauf werden wir in Kiirze zuriickkommen, wenn wir auch das Thema des Eigentums als Mentalität wieder aufnehmen, aber wir wollen uns jetzt nicht von einer fliichtigen Anmerkung ablenken lassen, die als erhellender Zusatz und Postille zu dem, was wir zum Thema der Agrargeschichte gesagt haben, dienen kann. Wir haben Mil?trauen gegeniiber den Statistiken und den Kurven die diese uns bieten ausgedriickt und versucht, dieses Mifitrauen zu begriinden. Es werden als letztes Motiv und konkreter Grund einige Betrachtungen iiber eine typische Quelle der Agrargeschichte dienen, die sich in juristischen Instrumenten inkarnierend, den Bediirfnissen des Rechtshistorikers adäquat erscheinen können. Wir beziehen uns auf die Kataster. Diese Bezugnahme ist um so notwendiger, als es sich umQuellen handelt, die einen beachtlichen Stellenwert in der ökonomischen Geschichtsschreibung gehabt haben und noch immer haben (besonders in der Bologneser Schule), und die in neuerer Zeit generelles Interesse und eine sorgfältige Aufmerksamkeit erfahren haben. Als Komplex von Operationen, die Konsistenz und Einkiinfte der Giiter oder deren effektiver Wahrnehmung zumZwecke der Auferlegung von Abgaben seitens der öffentlichen Gewalt betreffend, ist das Kataster ein förmliches juristisches Verfahren mit jedoch ausschliefilich ökonomischemZweck und Inhalt. Es ist selbstverständlich, dal? man dabei von Eigentum und Eignern spricht, das eine wie die anderén jedoch in der Sphäre ökonomischer Verhältnisse gedacht und lokalisiert sind, nicht in präziser und konsequenter Nomenklatur mit juristisch relevanter Qualität, sondern als Ausdruck einer mit Abgaben zu belegenden ökonomischen Substanz; dadurch erlangt das Eigentum einen vom Konzept her verallgemeinernden Begriff, wenn auch ökonomisch gefiillt mit der Festlegung des Bodenreichtums und der Kalkulation der Einkiinfte. Diese Bezeichnung hat nichts mit der vonJuristen konstruierten Macht zu tun, die Grundlage der juristischen Ordnung ist. Als allgemeine Quelle zeigen die Kataster ihre inadäquate Rolle fiir den Rechtshistoriker. Wenn Porisini uns berichtet, dal? das ravennische Kataster des 16. Jhdts. keine Unterscheidung zwischen Eigentum und beschränkten dinglichen Rechten macht,miissen wir das dann als Tendenz, die beiden juristischen Situationen anzugleichen werten oder ist es einfach eine unbewul?te, aber von seinemStåndpunkt aus durchaus legitime Konfusion des Katasterbeamten, der aus verschiedenerlei Kraut ein Biindel macht? Wenn Imberciadori, G. Porisini, La propriety terriera nel Comune di Ravenna dalla metd del secolo XVI ai giorni nostri, Mailand 1963, S. 12, Nr. 12.

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