24 Der bewul^te Perspektivenwechsel ermöglicht also mehr Reflexion und Aufhellung, als es in einer durchgehenden Darstellungsweise möglich ware. Es zeigt sich aber auch innerhalb dieses Perspektivenwechsels, dafi jeder Untersuchungsteil in der Tradition allgemeinhistorischer, sozialhistorischer, rechtshistorischer Methoden aus einer Verbindung analytisch-quellenkritischer Diskussion und hermeneutischer Verstehensweisen besteht. Sie werden ergänzt durch soziologisch-funktionale Erklärungsmodelle, bei welchen heute systemtheoretische Ansätze mit herangezogen werden können. Diese systemtheoretischen Ansätze sind zu demZugriff von Max Weber her nicht inhomogen, weil sie sich wissenschaftsgeschichtlich auch aus Weber’schen Anregungen entwikkelt haben. Sie werden hier allerdings nur andeutungsweise herangezogen, weil sie sich als betont theoretische Wissenschaften ohne einen Dialog mit der Historie ausgeformt haben und ihr deshalb oft unangemessen sind. Die angedeutete funktionale Betrachtung von Regelungssystemen, sei es der Gruppen, sei es der städtischen Biirgergemeinde, der Aspekt der Ausdifferenzierung des Rechtsbereichs innerhalb des betrachteten Prozesses, die Frage nach normativ gesicherten Erwartungen deuten aber in diese Richtung und könnten leicht noch stärker ausgearbeitet werden. Die Vielfalt der Ansätze innerhalb der historischen Methode sollte deshalb in der Forschung nicht auf emen theoretischen Ansatz oder Methodenmonismus verengt, sondern eher ausgeweitet werden. Eine gröfiere Klarheit der Vorgehensweise wie in der Gewichtung der Ergebnisse kann gerade erreicht werden, wenn die Ansätze und Stofirichtungen der einzelnen Erklärungsansätze klarer definiert und voneinander geschieden werden. Dies stellt also nicht einen unklaren Methodensynkretismus, sondern einen analytisch klaren Perspektivenwechsel dar. Fiir den Rechtshistoriker kommt es innerhalb dieses Einsatzes verschiedener methodischer Strategien darauf an, die Rolle und Funktion des Rechts, vor allem aber auch die unterschiedliche Qualität von Recht in unterschiedlichen historischen Epochen, gesellschaftlichen Formationen und sozialen Prozessen schärfer zu erkennen. Aus der vorliegenden Untersuchung können schon einige Aussagen fiber die Qualität des Rechts im Bereich der mnerstädtischen Gruppenbildung gewonnen werden. Recht, mit Sanktionen versehene Normen sind zur Stabilisierung der betrachteten Gruppenbildung notwendig. Neben und innerhalb jener Gruppen, die in der Verfassung der friihmittelalterlichen Gesamtgesellschaft ihre Grundlagen und damit auch eine rechtliche Absicherung besitzen (persönlicher Stand und Bodenbesitz), entwickelt sich die Sozialform der Gilde als personale, gewillkiirte Emung. Sie erhält nur selten durch obrigkeitlich gesetztes Recht eine Stiitzung oder Anerkennung in Form von Privilegien. Ihre Binnenstruktur festigt sie vielmehr vor allem durch kollektive Bindungen und Zwangsmittel, wobei auch der Ausschlufi aus der verliehenen Privilegsstellung eine Rolle spielen kann. Die Gilde benutzt dabei in eindrucksvoller Weise alle Mittel der Zeit, um eme solche Bindung zu erzeugen:
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