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14 dargestellte wichtige Aspekt des möglichen qualitativen Wandels imVerhältnis von gesellschaftlichen und rechtlichen Formen hätte dann kaum thematisiert werden können. Bei einer Verfolgung der Entwicklung von Quelle zu Quelle hätten sich die Schwächen einer iiberwiegend hermeneutischen Vorgehensweise herausgestellt, auch wenn man die vorgenannten Gesichtspunkte bei der Darstellung imAuge hätte behalten wollen. Die Untersuchungen zur Veränderung des Rechtsbegriffs wie auch die Ausgriffe auf den sozialen und verfassungsrechtlichen Kontext hätten im Gang der Darstellung der Beliebigkeit des Forschers unterliegen miissen, ohne ein kontrollierendes methodisches Geriist. Auslegung der Quellen und „Einlegung” der Vorverständnisse des Verfassers wären wenig kontrollierbar ineinander iibergegangen. V. Methodik und Darstellungsstrategie der Untersuchung Ich entschied mich deshalb zur Vorgehensweise einer dreifachen Austaltung der Problematik. Dadurch sollte das komplexe Verhältnis des Forschers zu den Quellen einerseits, die Veränderungen in einer geschichtlichen Entwicklung innerhalb der untersuchten Zeit (10. bis 13. Jhdt.) andererseits, zur Darstellung in einem notwendigerweise zeitlich eindimensionalen Text gebracht werden. Ein solcher Text bedeutet ja immer ein andersartiges Neben- und Nacheinander, als es ein vorgestellter Gang historischer Ereignisse in ihren komplizierten Wechselwirkungen realer und mentaler, faktischer und normativer Faktoren wäre. Diese Andersartigkeit der Zeit- und Raumdimension in der Darstellung mul5 bei rechtshistorischen Arbeiten, die auf die Herausarbeitung der normativen Ebene abzielen, noch stärker als bei einer ereignisgeschichtlichen Darstellung berticksichtigt werden, der das Nacheinander der Erzählung eher entspricht. 1. Die erste Ausfaltung der Problematik war der Klärung des wissenschaftsgeschichtlichen und begrifflichen Ausgangspunktes gewidmet.'^ Die Definition der Probleme und der Forschungsbegriffe stammt aus einer bestimmten wissenschaftsgeschichtlichen Situation des 19. Jahrhunderts, in welcher der historischen Forschung, insbesondere in Deutschland, ein hoher Stellenwert zur Klärung der Entwicklung der biirgerlichen Gesellschaft in der Epoche der Industrialisierung zugesprochen wurde. Insbesondere umdie Strukturierung der Gesellschaft nach mehr autoritärstaatlichen Prinzipien (von Below) oder genossenschaftlich-gruppensolidarisch-pluralen Prinzipien (Brentano, Gierke) wurde auch und gerade imFelde der deutschen Geschichtswissenschaft gerungen. Dieser Aktualitätsbezug hinderte jedoch nicht die Ausbildung eines sehr G. Dilcher, Die genossenschaftliche Struktur (wie Anm. 11), S. 71-76 Dazu Gerhard Dilcher, in: Recht, Gericht, Genossenschaft und Policey, Symposion fur Adalbert Erler, hg. v. Gerhard Dilcher/Bernhard Diestelkamp, Berlin, 1986, S. 114 ff.

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