13 IV. ZumMethodenproblem Die hier vorgelegte Analyse bezieht sich auf einen Beitrag des Autors zu der Tagung des Konstanzer Arbeitskreises zu dem Thema ,,Gilden und Ziinfte”." Ich hielt das wohl problematische Vorgehen, eine eigene Arbeit nochmals zu analysieren, fiir die Zwecke dieses Symposions fiir erlaubt und fruchtbar, weil dadurch die Rolle theoretischer und methodischer Uberlegungen fiir eine konkrete (rechts-)historische Arbeit besonders anschaulich werden konnte. — Der genannte Beitrag hatte die Aufgabe, aus rechtshistorischer Sicht die genossenschaftliche Struktur der innerstädtischen Verbände von Kaufleuten und Handwerkern herauszuarbeiten. Er steht dabei im Kontext anderer Beiträge, die die realhistorischen Grundlagen von Handel und Gewerbe (R. Sprandel), die philologischen Fragen der Bezeichnung der fraglichen Gruppen (R. Schmidt-Wiegand), die wissenschaftliche Terminologie (F. Irsigler), das Kontinuitatsproblem (O. G. Oexle) und zahlreiche andere Probleme behandelten. Das Gesamtprogrammwar also auf die Beleuchtung des Themas aus demBlickwinkel verschiedener fachwissenschaftlicher Aspekte angelegt. Der mir anvertraute war dabei nicht als eng rechtshistorisch zu verstehen, sondern in der Tradition der Erfassung sozialer Formen durch die rechtshistorische Germanistik”, wie sie einst Otto von Gierkes ,,Deutsches Genossenschaftsrecht” versucht hatte. Fin methodisches Problem, das sich daraus ergab, stellte die Darstellung der Verbindung von rechtlichen und sozialen Strukturen in einer Zeit dar, in der, wie wir sahen, die Ausdifferenzierung dieser Bereiche noch keineswegs vollzogen war. Fin zweites methodisches Problem ergab sich daraus, dafi die innerstädtische Verbandsbildung in Gilden und Ziinften fiir den Zeitraumvor, während und nach der Entstehung der Stadtgemeinde bzw. geschworenen Burgereinung behandelt werden sollte. Dieser letztere Vorgang ist aber einerseits in der Forschung stets in einemWirkungsverhältnis, wenn nicht sogar in kausaler Abhängigkeit von vorkommunalen Gilden dargestellt worden, wahrend andererseits die Existenz der Btirgerkommune das Wesen innerstädtischer Verbände nachhaltig beeinflussen mulke: ,,Verhältnisse der Desorganisation” bestanden ja nun jedenfalls nur noch in weit eingeschränkteremMaf^e. Eine Vernachlässigung der neuen Rahmenbedingung der geschworenen Biirgergemeinde hätte möglicherweise ein falsches Bild linearer Entwicklung, der Kontinuität der inneren Struktur dieser innerstädtischen Verbände entworfen. Gerade der zuvor " Gerhard Dilcher, Die genossenschattliche Struktur von Gilden und Ziinften. in: Bernhard Schwineköper (Hg.), wie Anm. 7, S. 71. Dieser Beitrag rniifite zu der hier vorgelegten Analyse parallel gelesen werden. ’’ Otto von Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht (1868—1918) Bd. 1-4, 1868-1918, Nachdruck, Darmstadt 1964. Zur Tradition der rechtshistorischen Germanistik erhellend Otto von Gierke, Die Historische Rechtsschule und die Germanisten, Berlin 1903, dazu auch Wieackers Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 453 ff. Gerhard Dilcher, Genossenschaftstheorie und Sozialrecht: Ein ,,Juristensozialismus” Otto von Gierkes? in; Quderni Fiorentini 1974/75, S. 319 ff.
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