RS 15

7 der Rechtswissenschaft ist gerade das, was man in Windscheids Werken finden kann.^* Die 80er Jahre des 19. Jahrhunderts waren eine stiirmische Zeit imnorwegischen politischen Leben; imJahre 1884 wurde in offener Auseinandersetzung mit der einheimischen Biirokratie und demschwedischen König der Parlamentarismus eingefiihrt. Die konservativen Juristen versuchten, die drohende Demokratie einzudämmen; aus jener Zeit stammt die Lehre vomRecht des Obersten Gerichtshofes, die Verfassungsmäfiigkeit neuer Gesetze zu iiberprufen.^’ Dies hat den norwegischen Historiker Jens Arup Seip veranlafit, u.a. die Vorstellung des konservativen Hagerup von den unveränderlichen Begriffen als eine politische Aussage zu interpretieren; sie sei ein Versuch, die Autonomie der Rechtswissenschaft und der Biirokratie gegen den Parlamentarismus zu schiitzen.'’^ Diese Interpretation entspricht der von Seip im allgemeinen verwendeten Methode, die treffend als eine Hermeneutik des Verdachtes bezeichnet worden ist.'*' Diese Interpretation ist neuerlich auf Widerstand gestoBen: Nach Rune Slagstad iibe Seip einen politischen Reduktionismus aus; der Aufsatz Hagerups sei eher intern rechtswissenschaftlich zu interpretieren.'*^ Die weitläufige Argumentation Slagstads kann hier nicht näher besprochen werden; nach seiner Meinung beriicksichtigt Seip jedoch nicht die spezifisch rechtswissenschaftliche Problemstellung bei Hagerup. In Finnland vertrat Robert Montgomery schon 1870 ähnliche Gedanken. Die Systematisierung des Rechts sei eine wichtige, echt wissenschaftliche Aufgabe der Rechtswissenschaft, die eine empirische Methode verwende; es gebe auch ein iibernationales, unveränderliches Recht, das von der Natur des Menschen abhängig sei.'*^ Auch Montgomery wies auf Jhering hin; er war aber ein Liberaler, und der Parlamentarismus war in Finnland, das als ein autonomes Groftfiirstentum ein Teil des russischen Kaiserreiches war, schon als Gedanke unmöglich. Obwohl z.B. die Vorstellung von unveränderlichen Rechtsbegriffen ihrer Natur nach bewahrend ist und in Deutschland oft eine konservative Siehe Björne, Deutsche Rechtssysteme im 18. und 19. Jahrhundert, Ebelsbach amMain 1984, S. 233 f. Siehe Slagstad, Rune, Det möderne gjennombrudd i rettstenkningen, in: Nytt Norsk Tidsskrift (NNT) 1985, S. 56 ff., der gegen diese vonJens Arup Seip (Tanke og handling i norsk historie, Oslo 1968, S. 118 ff. und Utsikt over Norges historie, II, Oslo 1981, S. 230) vorgefiihrte Theorie polemisiert. Slagstad (NNT 1985, S. 56 und Note 40) kann jedoch nachweisen, dafi der Grunder der Lehre vomPriifungsrecht des Obersten Gerichtshofes, T. H. Aschehoug, diese Lehre schon in seinen Vorlesungen iiber Staatsrecht in den 60er Jahren vertrat. 5e/>//(Note39), S. 227. ■" Slagstad, NNT 1985, S. 57. S/agsfad, NNT 1985, S. 62. Siehe näher Montgomery, Inträdesföredrag (1871), in: Suomalaista oikeustiedettä Caloniuksesta Zittingiin (Finnische Rechtswissenschaft von Calonius zu Zitting), I, hrsg. von Lars Björne, Turku 1981, S. 25 ff. 2

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=